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E-Book

Schmerzmedizin - 1000 Fragen

Für Klinik, Praxis und die Zusatzweiterbildung Spezielle Schmerztherapie

VerlagGeorg Thieme Verlag KG
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl328 Seiten
ISBN9783132400955
FormatePUB/PDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis40,99 EUR
<p><strong>Prüfungsvorbereitung: umfassend, stressfrei und effektiv</strong></p> <p>Hinter dem Symptom Schmerz kann sich umgangssprachlich gesagt „alles Mögliche“ verbergen. Ob biologische, psychische oder soziale Faktoren, akute oder chronische Verlaufsformen – als Arzt müssen Sie alle Facetten im Blick haben und diagnostisch eingrenzen. Mit diesem Titel können Sie genau das trainieren. Sie lernen, wie Sie mit komplexen Fragestellungen zum Thema Schmerz umgehen, Informationen bewerten und die richtigen Entscheidungen treffen.</p> <p>Die mehr als 1000 Fragen orientieren sich am Kerncurriculum „Schmerztherapie für die Lehre“ der Deutschen Schmerzgesellschaft und sind fall- bzw. problemorientiert aufgebaut. Sichern Sie sich wertvolle Anregungen für die Praxis und abwechslungsreichen Lernstoff, um sich effektiv auf die Prüfung für die Zusatzweiterbildung „Spezielle Schmerztherapie“ vorzubereiten.</p> <p>Jederzeit zugreifen: Die Fragen und Antworten des Buches stehen Ihnen ohne weitere Kosten digital im Trainingscenter in der Wissensplattform eRef und auch offline in der eRef-App zur Verfügung (Zugangscode im Buch). </p>

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Leseprobe

1 Grundlagen


1.1 Die Bedeutung des Fachs


Matthias Karst

Frage 1

Warum gibt es akute Schmerzen?

Akute Schmerzen garantieren im Sinne einer Warnfunktion das Überleben.

Menschen, die aufgrund eines genetischen Defekts keine Schmerzen empfinden können, bemerken schmerzhafte Verletzungs- und Krankheitssymptome nur spät oder gar nicht, weshalb bei ihnen die Lebenserwartung herabgesetzt ist.

Frage 2

Warum gibt es chronische Schmerzen?

Es gibt eine Vielzahl von chronischen Erkrankungen, die nicht ursächlich behandelbar sind und die mit Schmerzen einhergehen können. Chronische Schmerzen können durch neurobiologisch verankerte Lernvorgänge zu einer eigenständigen Erkrankung werden.

Sowohl akuter Schmerz als auch Lernen sind überlebensnotwendige Mechanismen. In Abhängigkeit von somatischen, psychologischen und sozialen Faktoren kann in der Kombination aus akutem Schmerz und Lernen ein chronischer Schmerz resultieren, der oft keine erkennbare Funktion aufweist. Die Entstehung chronischer Schmerzen lässt sich durch frühzeitige therapeutische Maßnahmen verhindern oder verlangsamen.

Frage 3

Wie häufig treten chronische Schmerzen auf?

Die Punktprävalenz liegt in Deutschland bei 17%, europaweit bei 19%. Das sind in Europa 129 Mio. Menschen, in Deutschland 12 Mio.

Mehr als 80% der Deutschen klagen mindestens 1-mal im Leben über Rückenschmerzen. Eine feinere epidemiologische Aufschlüsselung, die 2014 publiziert worden ist, ergab für Deutschland 27% (23 Mio.) mit „einfachen“ Schmerzen (allein zeitliche Dimension), 7,4% (6 Mio.) mit hoher Beeinträchtigung und 2,8% (2,2 Mio.) mit starker emotionaler Beteiligung.

Frage 4

Was kosten Schmerzen?

Schmerzen kosten nicht nur Lebensqualität, sondern auch viel Geld. Die USA geben jährlich mehr als 210 Mrd. Dollar hierfür aus.

In Deutschland werden die Kosten für Rückenschmerzen auf jährlich ca. 50 Mrd. Euro geschätzt, 72% davon bedingt durch Arbeitsausfälle und frühzeitige Berentung. Schmerzen kosten auch das Leben: Das Selbstmordrisiko von Patienten mit chronischen Schmerzen ist mindestens doppelt so hoch wie im Bevölkerungsdurchschnitt.

Frage 5

Wie sieht die Versorgungssituation von Patienten mit chronischen Schmerzen in Deutschland aus?

70% aller Patienten mit chronischen Schmerzen werden von ihrem Hausarzt betreut. 27% sind in der Behandlung eines Orthopäden. Nur 2% sind schmerzmedizinisch betreut.

In Deutschland stehen den ca. 2–3 Mio. Patienten mit schweren chronischen Schmerzen und starker emotionaler Beeinträchtigung, bei denen der Schmerz selbst zur Erkrankung geworden ist, nur knapp 1200 Schmerzmediziner gegenüber, sodass nur etwa jeder achte Patient versorgt werden kann. Es wird von einer Unterversorgung in der Größenordnung von ca. 2500 Einrichtungen ausgegangen. Es gibt in Deutschland keinen Facharzt für Schmerzmedizin. Das Fach Schmerzmedizin ist als Querschnittsfach 14 erst 2012 in den Fächerkanon des Medizinstudiums aufgenommen worden. Ab 2016 kann der letzte Abschnitt des Medizinstudiums, das praktische Jahr, nur absolviert werden, wenn zuvor das neue Querschnittsfach Schmerzmedizin durchlaufen worden ist.

1.2 Grundsätze der Diagnostik


Matthias Karst

Frage 6

Wie lassen sich Schmerzen erfassen?

Die Anamnese von Schmerzen soll Auskunft geben über Lokalisation, Qualität, Quantität, Beginn und Dauer (zeitlicher Verlauf), Provokationsfähigkeit sowie Beeinflussbarkeit des Schmerzverlaufs.

Die exakte Diagnostik von Schmerzen ist die entscheidende Voraussetzung für erfolgreiche Therapieansätze. Die wesentliche Tätigkeit eines Arztes für Schmerzmedizin besteht in diagnostischer Aktivität. Deshalb sollte man nicht von „Schmerztherapie“ sprechen, sondern von „Schmerzmedizin“.

Frage 7

Was ist das Besondere einer Schmerzanamnese?

Die Schmerzanamnese orientiert sich an dem biopsychosozialen Modell.

Während die biomedizinische Vorgehensweise nach den mit dem Schmerz verbundenen strukturellen Veränderungen fragt, orientiert sich die biopsychosoziale Vorgehensweise v.a. an der Frage nach der betroffenen Person. Also nicht nur „Um was für Schmerzen handelt es sich?“, sondern auch „Wer hat diese Schmerzen?“. Das biopsychosoziale Modell wurde erstmals von L. Engel in Science 1977; 196: 129–136 vorgestellt.

Frage 8

Welche Hilfsmittel werden bei einer Schmerzanamnese zusätzlich eingesetzt?

Psychometrische Testverfahren.

Dabei handelt es sich um Skalen und Fragebögen, die Aussagen zur Schmerzausprägung, psychiatrischen Störungen und Funktionalität liefern. Hierzu gehören auch die numerische Ratingskala (NRS) und visuelle Analogskala (VAS), mit der die Schmerzintensität erfasst wird. Die erste NRS der Menschheit hatte in der griechischen Mythologie der blinde Seher Teiresias benutzt, als er von den Göttern gefragt wurde, wer von den beiden Geschlechtern mehr sexuelle Lust empfindet. Seine Antwort: Mann NRS 1, Frau NRS 9.

Eine Skala, die Begriffe enthält, wie die verbale Ratingskala, und gleichzeitig nach der Funktionalität fragt, wie die Functional Pain Scale (FPS), hat den Vorteil, die Bedeutung des Schmerzes für den Betroffenen zu erfassen. Dies ist deshalb wesentlich, weil die Therapie von chronischen Schmerzen hauptsächlich auf die Funktionsverbesserung abzielt.

Frage 9

Warum ist es so wichtig, den Umgang des Patienten mit seinem chronischen Schmerz zu erfassen?

Schmerzen sind nicht nur ein Produkt nozizeptiver Vorgänge, sondern auch davon abhängig, was der Betroffene glaubt und erwartet, also wie er die Situation interpretiert.

Selbst bei überwiegend körperlich begründeten Schmerzen kommt es zu umfassenden psychosozialen Wechselwirkungen, Veränderungen des Lebensstils und einer Interpretation der Situation durch den Patienten abhängig von seinen Überzeugungen. Ein Sprichwort hierzu lautet: „Pain is a basic Fact. Misery is an Option.“ Untersuchungen aus der funktionellen Bildgebung haben gezeigt, dass v.a. das mesolimbische System am emotionalen Lernen von chronischen Schmerzen beteiligt ist.

Frage 10

Worin liegt das Hauptproblem im Umgang mit funktionellen Schmerzstörungen?

Bei nicht ausreichender Reflexion kann es zu Enttäuschungen in der Arzt-Patienten-Beziehung kommen.

Auf dem Boden der überwiegend schematischen biomedizinischen Ausbildungserfahrung mit traditionell strikter Trennung somatischer und psychischer Krankheiten und Störungen kann der Gedanke in den Vordergrund gelangen, dass der Patient die Symptome willentlich hervorruft und der Therapeut Opfer eines Betrugs ist. Im Gegensatz zu Personen mit simulierten Störungen leiden Patienten mit funktionellen Störungen genauso stark – wenn nicht sogar mehr –, wie Patienten, die ein eindeutig somatisch oder psychisch definiertes Störungsbild zeigen.

1.3 Grundsätze der Behandlung


Matthias Karst

Frage 11

Was ist die entscheidende Strategie bei der Behandlung akuter Schmerzen?

Schnelle und effektive Schmerzlinderung.

Diese Vorgehensweise ist nicht nur ethisch, sondern v.a. auch medizinisch geboten. Eine erfolgreiche Schmerzlinderung reduziert Komplikationen (z.B. Lungenentzündung) und hilft Sensibilisierungs- und Chronifizierungsprozesse zu verhindern.

Frage 12

Was ist die wichtigste Strategie bei der Behandlung chronischer Schmerzen?

Entscheidend ist das...

Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Bernateck, Michael Matthias Karst, Rainer Sabatowski (Hrsg.) et al.: Schmerzmedizin – 1000 Fragen – Für Klinik, Praxis und die Zusatzweiterbildung Spezielle Schmerztherapie1
Innentitel4
Impressum5
Geleitwort6
Geleitwort zur 1. Auflage7
Vorwort8
Inhaltsverzeichnis9
Anschriften13
Allgemeiner Teil16
1 Grundlagen17
Die Bedeutung des Fachs17
Grundsätze der Diagnostik18
Grundsätze der Behandlung19
2 Was ist Schmerz?21
Definition21
Physiologie24
3 Psychologie von Schmerzen31
Affektive Faktoren31
Soziale Faktoren34
Kognitive und Verhaltensfaktoren36
Psychische Komorbidität42
Placebo / Nocebo46
Psychologische Chronifizierungsfaktoren49
4 Klassifikation von Schmerzen54
Akuter versus chronischer Schmerz54
Nozizeptiver versus neuropathischer Schmerz57
5 Befunderhebung62
Anamnese62
Körperliche Untersuchung65
Apparative Diagnostik69
6 Messinstrumente73
Skalen73
Fragebögen75
Tagebücher82
7 Pharmakologische Schmerztherapie93
Opioide93
Nichtopioide105
Koanalgetika110
Adjuvante Therapien115
Medikamenteninteraktionen116
Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV)120
8 Nicht pharmakologische Schmerztherapie124
Physiotherapie124
Physikalische Therapie und Rehabilitation bei Gonarthrose124
Physikalische Medizin und Rehabilitation bei myofaszialem Schmerzsyndrom124
Physikalische Therapie und Rehabilitation bei chronischen Schmerzen125
Physikalisch-medizinische Verfahren und Therapieformen126
Manualmedizin bei schmerzhaften Funktionsstörungen128
Gegenirritationsverfahren130
Entspannungsverfahren und kognitive Verhaltenstherapie141
Entspannungsverfahren141
Kognitive Verhaltenstherapie bei Schmerzen145
9 Therapiekonzepte149
Multimodale Schmerztherapie149
Interventionelle Schmerztherapie159
Neurochirurgische Verfahren165
Rückenschmerzen, Neurostimulation165
Kopf- und Gesichtsschmerzen168
Tiefe Hirnstimulation zur Schmerztherapie170
Intrathekale Medikamentenapplikation170
Spezieller Teil174
10 Perioperative Schmerztherapie175
Grundprinzipien der perioperativen Schmerztherapie175
Konzepte der perioperativen Schmerztherapie190
Chronifizierungsrisiken208
11 Schmerzmedizinische Notfälle214
12 Tumorschmerz219
13 Neuropathischer Schmerz230
Polyneuropathie230
Zosterneuralgie235
CRPS237
Phantomschmerz239
Zentrale Schmerzen242
HIV-Neuropathie248
14 Chronischer nicht spezifischer Rückenschmerz250
15 Gelenk- und Muskelschmerz258
16 Viszerale Schmerzen261
17 Kopf- und Gesichtsschmerzen267
Primärer Kopfschmerz und seine Differenzialdiagnosen268
Gesichtsschmerz278
Sekundärer Kopfschmerz282
18 Borreliose286
19 Somatische, nicht klassifizierbare Schmerzstörung289
Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (F45.41)289
Anhaltende, somatoforme Schmerzstörung (F45.40)292
Fibromyalgiesyndrom294
20 Spezielle Therapiesituationen301
Kinder301
Alter und Demenz305
Schwangerschaft und Stillzeit307
Medikamentenentzug309
Kerncurriculum Schmerztherapie312
21 Kerncurriculum Schmerztherapie313
Kerncurriculum Schmerztherapie313
Vorbemerkung313
Strukturvorschlag für das Querschnittfach 14 Schmerztherapie314
Gliederung Kerncurriculum Schmerztherapie für die Lehre315
Lernziele316
Weiterführende Literatur318
22 Literatur und weiterführende Informationen319
Sachverzeichnis321

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