Das „Storytelling als eine Interventionstechnik in der Logotherapie und Existenzanalyse.
Eingangs ist mir wichtig zu erwähnen, dass, obwohl das Schreiben einer Geschichte als Vorgabe aufgefasst werden kann, die den Patienten in seinen Möglichkeiten einschränkt, es dem Leser immer frei steht, wie er diese therapeutische Technik aufnimmt, mit den Inhalten der Storien umgeht, ob er sie ganz oder teilweise annimmt, wie er die Botschaften der Geschichte annimmt, sich auseinandersetzt, verarbeitet, reflektiert.
Denn, obwohl die Geschichte Vorgaben des Therapeuten enthält, lässt sie viel Freiraum für das ob- und wie der Verarbeitung.
Weiters verstehe ich unter logotherapeutischem Storytelling:
1. Das Schreiben einer sinnvollen Geschichte
2. Das Vortragen dieser Geschichte
3. Das Herausarbeiten eines personalen Sinnes als logo therapeutisches Ziel beim Aufarbeiten dieser Geschichte von Erzähler/Therapeut und Hörer/Klient
Vorschlag einer Definition:
Unter „Storytelling“ in der Logotherapie verstehe ich den sich in drei Phasen gliedernden unten beschriebenen Gesamtprozess, einer, für einen bestimmten Menschen oder eine bestimmte Personengruppe individuell geschriebenen, den Sinnfindungsprozess im Menschen evozierenden Geschichte, die sich mit den unten angeführten Kriterien auseinandersetzt.
Logotherapeutische Geschichten sind geprägt
von der Einstellung, Haltung und Sichtweise, die der Therapeut zu sich selbst und zu seinem Klienten hat, von seinem Wissen, von den logotherapeutischen Techniken, die eingearbeitet werden und vom Engagement des Therapeuten und des Klienten.
Es muss …
bereits eine stabile Klient/Therapeutenbeziehung aufgebaut sein,
der Klient reflexionsbereit und -fähig sein,
das Modell Storytelling vom Klienten bejaht werden,
der Wille des Klienten vorhanden sein, sich mit den Inhalten der Story auseinanderzusetzen
die Geschichte für den Klienten nachvollziehbar sein
mindestens eine logotherapeutischen Technik in Darstellung und/oder Inhalt der Geschichte Anwendung finden
die Bereitstellung von Sinnangeboten für den Klienten (Möglichkeiten, Fähigkeiten, Wertangebote) eingearbeitet sein
eine sinnvolle Lösung des Konflikts (der Thematik) des Klienten angeboten werden
die Absicht des Therapeuten bestehen, durch seine Geschichte die Sinnsuche im Patienten / Klienten selbst anzusprechen, anzuregen oder hervorlocken.
Der Sinnfindungsprozess und seine Auswirkungen
Der Sinnfindungsprozess findet statt in der geistigen, der „dritten“ Dimension des Menschen.
Im Speziellen wird durch das Einhalten der Kriterien der logotherapeutischen Schreibweise der Sinnanruf im Patienten/Klienten angesprochen. Sobald dieser den Patienten erreicht und sich somit Wahlmöglichkeiten eröffnen, kommt es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Steigerung der Motivation. Das Erkennen eines Sinnes eröffnet nach Frankl ein Gefühl, ein Spüren im Menschen das einem hinzieht zu Werten, die als Möglichkeiten darauf warten, verwirklicht zu werden. Veränderung, Neuorientierung wird möglich.
Durch die Indirekte Kommunikation bleibt man länger im Gespräch. Eine Story ist eine elegante, weil indirekte, und somit weniger kompromittierende, und gerade deshalb weniger abwehren müssende, und somit näher an sich heran lassende Möglichkeit, mit den Problembereichen des Patienten zu arbeiten, sie anzusprechen. Und das gilt für beide Seiten. Für den Patienten, dessen Emotionen besser kontrolliert werden können und der seine „Bösen und schlechten, abgelehnten Seiten“ leichter ansprechen und erklären kann, aber auch für den Therapeuten (je nach dessen Arbeitsweise und Charakter), der seinen Klienten besser unterstützen kann im therapeutischen Sinne. Trotzdem bleiben es Angebote, Möglichkeiten, die der Patient annehmen, sich damit auseinandersetzen oder sie ablehnen kann einbauen, die für die Prozesssituation von Bedeutung sind, auf direktem Wege kommuniziert.
Das logotherapeutische Storytelling unterteilt sich in drei Phasen:
die Eingangsphase
die kreative Phase
die therapeutische Phase
Einerseits muss es „stimmig“ sein, andererseits in der Fantasie des Therapeuten die Annahme entstehen, dass der logotherapeutische Storytellingprozess in seiner Gesamtheit passt.
Es besteht eine stabile Patienten-Therapeutenbeziehung.
Dies gewährleistet, dass der Therapeut über seinen Patienten genug Informationen gesammelt hat und diese nicht in einer Art „ausfragen“ einholen muss (Der Therapeut beschließt aufgrund der Symptome und der Diagnose seines Patienten / Klienten, dass eine logotherapeutische Geschichte aktuell eine sinnvolle Möglichkeit im psychotherapeutischen Prozess seines Klienten darstellt. Das heißt: Er hat eine empathische Grundhaltung entwickelt, ein Gefühl im Begleitprozess, das ihm „sagt“, dass diese Technik jetzt gerade passen kann, das heißt, er entscheidet intuitiv, ob das Storytelling für seinen Klienten passend ist.).
Hierbei ist wichtig darauf zu achten, was ein Patient erzählt, aber auch gleichsam wie ein Patient erzählt (Otte, 2005). Zum Beispiel kommen keine Gefühle vor, gibt es nur rigide, stereotype Erklärungen, Beschimpfungen,...
Der Therapeut macht sich Notizen über die soziologischen, biologischen und psychologischen Bedingungen seines Klienten (s. Kapitel: Die Lehre der Logotherapie und Existenzanalyse).
Der Therapeut notiert sich in Stichworten die aktuellen Problemsituation, zum Beispiel Bettnässen, Außenseitersein seines Klienten, ……… und dessen bereits ausformuliertes Therapieziel. Vor allem arbeitet der Therapeut den / die Grundkonflikt(e) heraus, also: worum geht es bei diesem Menschen, was ist sein innerpsychischer Konflikt und eventuelle akute Konfliktthemen in der derzeitigen Lebenssituation seines Klienten, was dient zur Aufrechterhaltung des Konfliktes, wovor hat er Angst .......
Weiters ist es wichtig die Ressourcen (was kann gut, was tut er gern) des Klienten zu notieren bzw. sich zu überlegen, welche Ressourcen dem Klienten bei der Bewältigung seines Konfliktes helfen können.
Der Logotherapeut macht eine phänomenologische Analyse der Person, das heißt: er schaut genau hin und nimmt seinen Klienten phänomeno-logisch, also wahrnehmend, wahr. Das „WIE“ ist diese Person, wie spricht sie, wie verhält sie sich, wie bewegt sie sich. Meiner Meinung nach drückt die Körpersprache eines Menschen seine unbewussten und bewussten Überzeugungen, Werte, Glaubenssätze, Wünsche, Motivationen, Zustände, aus. Seelische Defizite, Verletzungen, Ungleichgewichte, Verzerrungen usw. können so erkannt werden indem „Wie“ sich jemand ausdrückt. Dieses „Wie“ wird später als Gestaltungselement eingearbeitet und therapeutisch genutzt. Zum Beispiel für eine „Spiegelung“ genommen um zum Beispiel eine bestimmte Angewohnheit genau zu spiegeln (selben Gesichtsausdruck, selbe Wortwahl, selbe Stimmlage und Modulation,....wie der Klient) während man diese Angewohnheit in ein Bild einbettet.
Vorschlag für eine Checkliste:
Vor dem Start empfiehlt es sich ein Kontrollblatt anzulegen um alle Informationen und Eindrücke zuzuordnen. Das ist gleichzeitig auch für den Therapeuten eine Überprüfung, ob er alle wichtigen Lebensbereiche seines Patienten schon angesprochen hat und er kann die bisher zusammengetragenen Informationen „katalogisieren“. So ist es in den kommenden Stunden einfach, auf elegante Weise die Restinformationen einzuholen und zu analysieren. Diese Informationscheckliste kann stets erweitert werden und ist Basis für alle weiteren Geschichten. Sie beinhaltet im Wesentlichen folgende drei Bereiche:
Das Zuordnen von Informationen:
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