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E-Book

Vier Jahre für Lincoln

Die Geschichte eines einfachen Soldaten

AutorLeander Stillwell
Verlagneobooks Self-Publishing
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl461 Seiten
ISBN9783738072662
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
'Keiner von uns Jungs rechnete ernsthaft damit, getötet zu werden oder ein anderes ungünstiges Schicksal zu erleiden. Den anderen mochte es übel ergehen, einige von ihnen würden wohl sterben müssen, aber man selbst würde am Ende eines siegreichen Krieges unversehrt nach Hause zurückkehren und den Rest seines Lebens als bewunderter und respektierter Kriegsheld verbringen. Dies waren zumindest meine Gedanken und ich hege keinerlei Zweifel daran, dass 99 von 100 der anderen Burschen ebenso dachten.' Bei Ausbruch des Amerikanischen Bürgerkrieges lebt der 18jährige Leander Stillwell auf der kleinen Farm seiner Eltern im ländlichen Otter Creek, Illinois. Die ersten Kriegsmonate beobachtet er mit beiläufigem Interesse, doch als im Juli 1861 nach der Unionsniederlage in der Schlacht am Bull Run deutlich wird, dass ein langer, blutiger Krieg bevorsteht und als Präsident Lincoln weitere 500.000 Kriegsfreiwillige zu den Waffen ruft, fasst Leander den Entschluss, sich nicht länger mit der Rolle eines passiven Zuschauers zu begnügen. Wie so viele seiner Altersgenossen treiben den einfachen Jungen vom Lande neben der Vaterlandsliebe auch eine romantische Vorstellung vom 'Ruhme des Krieges' und die Furcht, vor den Freunden als Feigling dazustehen, in die Armee. Er schreibt sich am 6. Januar des Jahres 1862 bei der 61st Illinois Infantry ein und exakt drei Monate später zerbricht sein jugendlich-einfaches Weltbild in der Schlacht von Shiloh, wo seinem gänzlich unerfahrenen Regiment die hoffnungslose Aufgabe zufällt, sich den vehementen konföderierten Sturmangriffen entgegenzustellen, um General Ulysses S. Grants überrumpelter Armee kostbare Zeit zum Aufbau einer Verteidigungsstellung zu erkaufen. Hier schießt der junge Stillwell erstmals auf einen Menschen, hier sieht er zum ersten Male einen Menschen eines gewaltsamen Todes sterben und hier weicht seine naive Begeisterung einer grimmen Entschlossenheit.

Weitere Übersetzungen von Florian Dexheimer: Alles für die Union - Das Bürgerkriegstagebuch des Unionssoldaten Elisha Hunt Rhodes; Co. Aytch - Erinnerungen eines Konföderierten an den Bürgerkrieg; Drei Monate in Dixie - Reisetagebuch eines britischen Offiziers; Zwanzig Monate in Kriegsgefangenschaft - Erlebnisse eines deutschstämmigen Unionsoffiziers in konföderierten Gefängnissen; Maismehl & Wasser - Das Alltagsleben des konföderierten Soldaten im Amerikanischen Bürgerkrieg

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Leseprobe

Kapitel I


-

Der Ausbruch des Krieges – Das Leben in Camp Carrollton (Januar und Februar 1862).


Ich wurde am 16. September 1843 auf einer Farm im Bezirk "Otter Creek", in Jersey County, Illinois geboren. Als der Bürgerkrieg ausbrach, lebte ich mit meinen Eltern in jenem alten, kleinen Blockhaus, in dem ich geboren worden war. Die Konföderierten beschossen am 12. April 1861 Fort Sumter und lösten so den Krieg aus. Am 15. April 1861 forderte Präsident Lincoln die Einberufung von 75.000 Männern, um bei der Niederschlagung der Rebellion zu helfen. Illinois erfüllte sogleich seine Quote und darüber hinaus mussten tausende von Männern abgewiesen werden, da der Staat die geforderte Anzahl bereits beisammen hatte und kein weiterer Bedarf bestand. Die unter diesem Aufruf eingemusterten Soldaten dienten lediglich für drei Monate, da die Regierung zu diesem Zeitpunkt noch der Ansicht war, der Konflikt sei innerhalb dieses Zeitraums beizulegen. Aber am 3. Mai 1861 verlangte Mr. Lincoln erneut nach Freiwilligen, diesmal etwas über 42.000 an der Zahl und ihre Dienstzeit wurde auf drei Jahre oder eine frühzeitige Entlassung durch das Land festgesetzt. Mit demselben Aufruf wurden auch die reguläre Armee und die Marine beträchtlich verstärkt. Ich selbst verpflichtete mich unter keinem dieser Aufrufe. Wie bereits erwähnt, herrschte im Norden allgemein die Ansicht, der "Krieg" sei lediglich eine sommerliche Tollheit und bis zum 4. Juli sei die ganze Sache erledigt. Wir hegten nicht den geringsten Zweifel, dass Richmond bis dahin eingenommen sein würde und dass sich Jeff Davis und sein Kabinett entweder in Gefangenschaft oder auf der Flucht befänden. Die furchtbare Erkenntnis dieses Irrtums traf die loyale Bevölkerung des Landes nach der Schlacht am Bull Run, die am 21. Juli 1861 ausgefochten wurde. Angesichts des Ergebnisses dieser Schlacht fühlten alle Freunde der Union eine niederschmetternde Enttäuschung und bittere Demütigung. Zu diesem Zeitpunkt begriffen sie, dass ihnen ein langer und blutiger Kampf bevorstand. Im Nachhinein war Bull Run wohl ein Segen. Hätte die Union die Schlacht gewonnen und die Rebellion im Keim erstickt, so hätten wir an der Versklavung der Neger festgehalten und der "ununterdrückbare Konflikt" wäre wohl in der heutigen Zeit ausgefochten worden, wobei zweifellos zehnmal mehr Menschenleben ausgelöscht und ruiniert worden wären als in den 1860er Jahren

Am Tag nach der Schlacht am Bull Run verabschiedete der Kongress ein Gesetz, das Präsident Lincoln autorisierte, 500.000 weitere Freiwillige für drei Jahre zu den Waffen zu rufen. Unter diesem Gesetz und mit Zustimmung des Kriegsministers wurde auch jenes Regiment aufgestellt, in dem ich schließlich diente. Ich war damals nur ein Junge, aber ich spürte, dass der Krieg lange dauern würde und es die Pflicht eines jeden jungen Burschen von entsprechender körperlicher Verfassung war, "zu den Soldaten zu gehen" und bei der Rettung der Nation zu helfen. Ich hatte diesbezüglich einige Diskussionen mit meinem Vater. Er war ein treuer Anhänger der Union und er verstand meine Beweggründe, aber ich konnte sehen, dass ihm die Vorstellung, sein Junge könne in den Krieg ziehen und dort möglicherweise getötet oder verstümmelt werden, schier unerträglich war. Ich gab ihm allerdings zu verstehen, falls in unserer Nähe ein Regiment aufgestellt würde und diesem mehrere meiner Bekannten und Jungs aus der Nachbarschaft beiträten, so wolle auch ich mich freiwillig melden. Ich konnte den Gedanken einfach nicht ertragen, zu Hause bei den Mädchen zu bleiben und die Soldaten mit dem Finger auf mich zeigen und mich einen daheimgebliebenen Feigling schelten zu lassen.

Die Arbeiten zur Aufstellung eines Regiments und der Anwerbung der benötigten Männer in der Nähe meiner Heimat begannen im Herbst des Jahres 1861. Die umliegenden Counties neigten überwiegend stark den Demokraten zu und viele der Einwohner waren überzeugte "Südstaaten-Sympathisanten", wie sie damals genannt wurden und die sich später den radikalen "Copperheads" und "Knights of the Golden Circle" anschlossen. Wohl etwa 90 Prozent der Einwohner der Counties Greene, Jersey, Scott, Morgan und weiterer umliegender Counties waren entweder aus den Südstaaten eingewandert oder doch zumindest direkte Nachkommen eingewanderter Südstaatler. Leute aus den Staaten Kentucky, Tennessee sowie North und South Carolina waren besonders zahlreich. Gerechterweise muss jedoch gesagt werden, dass viele der prominentesten und radikalsten Copperheads aus den entlegenen Ostküsten-Staaten stammten. Was diese Menschen zu ihrem schändlichen Treiben veranlasste, vermag ich nicht zu sagen.

Präsident Lincoln war mit den politischen Verhältnissen in unserer Gegend aus eigener Erfahrung bestens vertraut, da seine alte Heimat, Springfield, die Hauptstadt des Staates, nicht weit entfernt lag und er zweifellos jeden halbwegs prominenten Mann in unserem Wahlbezirk kannte. Was er brauchte, waren Soldaten, ungeachtet deren politischer Ansichten und so war es in dieser Gegend notwendig, den Anhängern der Demokraten einige spezielle Anreize zu bieten. Es war allgemein bekannt, dass dies einer der Gründe war, warum General Jacob Fry aus Greene County, ein gebürtiger Kentuckianer und lebenslanger Demokrat, dazu auserwählt wurde, jenes Regiment zu rekrutieren, organisieren und als Colonel anzuführen, das in den oben genannten Counties und deren Umgebung aufgestellt werden sollte. Doch auch unabhängig von politischen Erwägungen wurde die Auswahl von General Fry als sehr gut und angemessen erachtet. Er war ein Alteingesessener, seit seiner Kindheit ein Einwohner von Greene County, hatte als dessen Sheriff gedient und diverse weitere verantwortungsvolle Ämter bekleidet. Außerdem hatte er, was als noch wesentlich wichtiger galt, tapfer und treu im Black Hawk Krieg in den Jahren 1831-32 gedient, wo er den Rang eines Colonels innegehabt hatte. Bald nach Ende dieses Indianeraufstandes war er zum Brigadier-General und später zum Major-General der Miliz von Illinois ernannt worden. Er war ein stattlicher alter Herr von gemäßigten Umgangsformen, strikter Integrität und unerschütterlicher Tapferkeit. Allerdings war er bereits 62 Jahre alt und dies stellte sich als ein Faktor heraus, der schließlich zu seinem Ausscheiden aus der Armee beitrug, wovon noch die Rede sein wird.

Das Jahrmarktgelände etwa 800 Meter östlich von Carrollton, dem Verwaltungssitz von Greene County, beherbergte das Ausbildungslager von Colonel Frys Regiment. Die Rekrutierungsmaßnahmen begannen gegen Ende September, aber sie kamen nur schleppend voran. Einige der Jungs aus meiner Nachbarschaft hatten sich bereits bei anderen Regimentern verpflichtet und allgemein hatte sich der verlockende Glanz des freiwilligen Armeedienstes bereits einigermaßen abgenutzt. Kompanie "F" der 14th Illinois Infantry war fast vollständig in Jersey County rekrutiert worden und mehrere meiner alten Schulfreunde waren in dieser Kompanie. Kleine Grüppchen hatten sich anderen Regimentern angeschlossen. Sowohl in der 22nd und 27th Illinois Infantry als auch in der 9th Missouri Infantry (später in 59th Illinois Infantry umbenannt) dienten einige Männer und Jungs aus unserer Gegend des Countys.

In der nordwestlichen Ecke von Jersey County, an der Grenze zu Greene County, lebte ein alter Farmer namens John H. Reddish. Auch er hatte im Black Hawk Krieg gekämpft und zwar unter dem Kommando von Colonel Fry. Der höchste Rang, den er in dieser Affäre erreichte, war der eines Corporals, aber unabhängig davon lässt sich mit Gewissheit sagen, dass er ein wackerer Kämpfer war. Sobald es sich herumgesprochen hatte, dass Colonel Fry ein Regiment unter seiner Führung aufstellte, machte sich der alte John Reddish sogleich daran, eine Kompanie für das Regiment zu organisieren. Der Umstand, dass er als Soldat im Black Hawk Krieg gedient hatte, verhalf ihm zu einigem Ansehen und seine militärische Qualifikation galt als über jeden Zweifel erhaben. Tatsächlich galt damals beinahe jedermann von gutem Ruf und wachem Geist, der im Black Hawk Krieg oder im Mexikokrieg gekämpft hatte, als tauglich und idealer Kandidat für einen Offiziersposten oder zumindest einen höheren Unteroffiziersposten. Es sollte sich jedoch zeigen, dass diese Annahme irrig war. Selbstverständlich gab es Ausnahmen, aber allgemein lässt sich sagen, dass die Teilnahme an der Black Hawk Affäre einen Mann nicht im Geringsten zur Ausübung der Pflichten eines Offiziers im Bürgerkriege befähigte. Captain Reddish war eine gute Seele und so tapfer wie eine wilde Bulldogge, allerdings verfügte er, abgesehen von seinem persönlichen Mut, über keinerlei militärische Qualitäten und vermochte sich während seiner gesamten Dienstzeit auch keine anzueignen. Er war nicht in der Lage, sich die verschiedenen Drillübungen einzuprägen, mit Ausnahme der einfachsten Kompaniebewegungen; zudem war er ausgesprochen ungebildet und konnte kaum seinen eigenen Namen schreiben. Seine Kommandos beim Drill waren vollkommen lächerlich, so ergänzte er beispielsweise sein einfaches "links schwenkt" oder "rechts schwenkt" Kommando mit den Worten: "Schwenkt herum, Jungs, genauso wie ein Hoftor." Wir schämten uns zutiefst für ihn ob dieser Aussprüche, während die Männer der anderen Kompanien stets in Gelächter ausbrachen und über unseren Captain spotteten. Er hätte einen erstklassigen Sergeant abgegeben und es ist dies auch der höchste Rang, den er kompetent hätte ausfüllen können. Man muss jedoch sagen, dass er ein aufrichtiger alter Herr und von glühendem Patriotismus beseelt war. Er respektierte Mut und verachtete Feigheit und sein gesamter Charakter machte es seinen...

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