2 Globalisierung und Trends
Was bedeutet Globalisierung?
Die Globalisierung ist eine weltweite Verflechtung von Menschen in allen Erdteilen durch vorwiegend geschäftliche und berufliche Beziehungen. Damit sind viele Hoffnungen, aber auch Ängste verbunden.
Globalisierung1 bedeutet, dass sich weltweit Märkte für Dienstleistungen, Waren und Kapital ausbreiten und sich Menschen aufmachen, woanders zu leben und zu arbeiten. So werden Visionen, Ideen, Erfahrungen, Know-how und Güter, wie etwa neue Technologien, sowie modernste Organisationsformen und Arbeitsstile für Produktionsprozesse vorangetrieben. Es bleibt nicht aus, dass sich Wissen und Kapital akkumuliert.
Dies gelingt durch viele Personen, weltweite Datennetze und Satellitenkommunikation sowie durch computergestützte logistische Hochleistungen in der Planung, Steuerung und in der Kontrolle. „Auffällig ist Folgendes: Wer Einfluss auf das globale Geschehen hat, spricht typischerweise positiv bis enthusiastisch über die Globalisierung. Wer sich machtlos und ausgeliefert fühlt, bei dem überwiegen die Ängste.“2
Die Globalisierung bindet unterschiedliche Lebensweisen und Lernkulturen aller Regionen. Sie kreiert neue Bedürfnisse an Lehr-, Lern- und Arbeitskompetenzen und benötigt interkulturelle Konzepte für den Umgang miteinander. Weil Menschen verschieden und kulturell vielfältig sind, tragen Unternehmen Verantwortung für ihre Mitarbeiter/innen. Vor diesem Hintergrund wird das Management von Vielfalt (Managing Diversity) immer öfter als ein Teil der sozialen Verantwortung des Unternehmens (Corporate Social Responsibility) gesehen.
Neue Normen und Werte
In der Globalisierung geht es den Unternehmern selbstverständlich um das Erwirtschaften von Profit, besonders wenn Arbeit und Produktion, Produkte und Dienstleistungen, Menschen und Know-how von nationalen Standorten woandershin verschwinden. Die Globalisierung ist ein äußerst dynamischer Prozess, der weltweit Veränderungen mit großer Geschwindigkeit nach sich zieht.
Wer Zugang zu neuen Kommunikationswegen und -mitteln hat, kann Teil eines riesigen globalen Netzwerkes von neuen Weltbürgern werden, von veränderungswilligen Menschen, die technisch miteinander verknüpft sind. Neue Normen und Werte entstehen, weil Begriffe wie zum Beispiel „Arbeit“, „Zuverlässigkeit“ und „Verantwortung“, „Verpflichtung“ und „Abhängigkeit“, „Freiheit“ und „Vergnügen“ neu definiert oder „Konsum“ und „Besitz“, „Kollegialität“ und „Freundschaft“ anders gewichtet und gewertet werden müssen.3
Auch die Menschen, die als Auswanderer, Expatriates und Entwicklungshelfer/innen unterwegs sind, sind Teil der Globalisierung. Manche sind aus zunächst scheinbar sicheren Arbeitsverhältnissen rausgedrängt worden und müssen sich woanders etwas suchen. Andere werden mit oder ohne den eigenen Wunsch ins Ausland versetzt.
Wirtschaftliche und kulturelle Globalisierung
Unzählige der Globos, wie sie Michael Gleich4 nennt und zu denen auch die hier beschriebenen Auslandserwerbstätigen zählen, sind mobil, vernetzt und betrachten die Welt als Ganzes, worauf es heute auch ankommt. Sie erleben sich in einer beschleunigenden wirtschaftlichen und kulturellen Globalisierung. Viele der Auswanderer und Auslandsmitarbeiter/innen gehören zu diesen Globos, die nach anderswo streben, weil sie ihr Dasein in einem größeren Zusammenhang der Welt zu sehen versuchen.
Immer mehr Menschen arbeiten in multikulturellen Gruppen und müssen sich gemeinsam anstrengen, eine sinnvolle Arbeits- und Kommunikationskultur zu entwickeln. Die Unternehmenskultur internationaler Organisationen ist trotz der weltweiten Tätigkeit jedoch oft eher monokulturell ausgerichtet, auch wenn sie weltweit tätig sind. Während in einer multikulturellen Organisation Vielfaltskultur für alle gefördert wird, dominiert in einer monokulturellen Organisation eine durch eine Gruppe bestimmte Kultur. Als Modell dient meistens das kulturelle Verhalten von Männern mittleren Alters.
Solange eine Gruppe im Unternehmen (zum Beispiel: Männer mittleren Alters) die Führungsetagen dominiert und alle Werte, Normen und Regeln für die Beschäftigten bestimmt, spricht man von einer monokulturellen Organisationskultur. Das Ziel sollte aber sein, eine multikulturelle Organisation zu schaffen, in der interkulturelle Kompetenz, zum Beispiel durch das Wertschätzen kultureller Vielfalt in der Belegschaft, systemisch und systematisch entwickelt wird.
(Mehr dazu in: Diversity-Kompetenz durch Auditierung. Kultur – Struktur – Strategie, IKO-Verlag, Frankfurt 2007.)
Warum ist Diversity ein Thema in diesem Buch? Wenn Sie als Expatriate oder ausgewanderte Person Glück haben, in einem Unternehmen zu arbeiten, welches die Vielfaltskultur (Diversitätskultur) identifiziert und wertschätzt, ist dies ein Indikator dafür, dass auch Sie in Ihrer kulturellen Vielfältigkeit (zum Beispiel als Frau oder als Mann, als ältere oder jüngere Person) wertgeschätzt werden. Deutsche Unternehmen sind noch längst nicht so weit, aber Entsendeorganisationen von Entwicklungshelfern sind Gedanken, die Vielfaltskultur zu betrachten und zu nutzen, inzwischen nicht mehr fremd.
Die Wertschätzung der Vielfaltskultur ist die eine Seite der Medaille. Die andere ist eine rechtliche Grundlage.
Wenn Sie in Australien und Neuseeland, Großbritannien und den USA arbeiten, sollten Sie über Diversity gut Bescheid wissen. In diesen Ländern haben Sie es, wie seit 2006 auch in Deutschland (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetzt, AGG), mit rechtlichen Grundlagen gegen Diskriminierung zu tun. Das bedeutet: Wer sich bezüglich des Geschlechts oder Alters, der Nationalität oder Ethnizität, der sexuellen Identität oder Religion diskriminierend verhält, wird meist nicht mehr nur ermahnt. Sollte ein Verdacht bewiesen sein, können Sie Ihre Arbeit verlieren. Seien Sie also vorsichtig! Auf der anderen Seite können Sie wiederum Ihre Rechte auf diesen Gesetzesgrundlagen bei Stellensuche und Karriereentwicklung verteidigen.
Antidiskriminierungsgesetze
Der Diversity-Ansatz stammt aus den angelsächsischen Ländern Australien und Großbritannien, aus Neuseeland und besonders aus den USA. In Nordamerika wurde er in den 60er-Jahren im Zuge der Antirassismusbewegung in Zusammenhang mit Quotenregelungen und Antidiskriminierungsgesetzen hinsichtlich der Integration nicht-weißer Mitarbeiter/innen in Organisationen diskutiert. Später wurde er auf weitere sichtbare und unsichtbare kulturelle Unterschiede, vorwiegend auf Geschlecht, Alter, Ethnizität, körperliche und geistige Befähigung, Religion und sexuelle Orientierung, ausgedehnt. Die traditionellen Einwanderungsländer mussten sich viel früher mit der kulturellen Vielfalt ihrer Bürger/innen auseinandersetzen. Deutschland, Österreich und die Schweiz sind inzwischen aber auch dabei.
Was bedeutet kulturelle Diversität?
Im Diversity-Kontext zu denken und zu handeln benötigt eine entsprechende Geisteshaltung. Als Geisteshaltung beschreibt kulturelle Diversität das Bewusstsein für die vielfältigen Unterschiedlichkeiten und Gemeinsamkeiten der Menschen sowie ihre Werte und Einstellungen gegenüber Gleichheit, Differenz und Fairness sowie den Umgang mit Personen, die nicht in das normative Leitbild der dominanten Kulturen passen.
Im Englischen heißt kulturelle Vielfalt Cultural Diversity. Diversity ist also der englische Begriff für Verschiedenheit, Vielfalt, Ungleichheit, Diversität. Gemeint ist zunächst einmal die Vielfältigkeit in einer Person selbst und die Vielfalt und Verschiedenheit der Personen innerhalb einer Gruppe. Dadurch wird hervorgehoben, dass Individuen grundsätzlich, entsprechend den vielfältigen Teilen eines Mosaiks, mehreren Merkmalsgruppen gleichzeitig angehören können (zum Beispiel Mann, Deutscher, alt versus Frau, Australierin, jung, während beide den gleichen Beruf haben und im selben Team der Firma tätig sind).5
Was ist Managing Cultural...