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Wichtige Schriften

Vollständige Ausgabe

AutorKarl Kautsky
VerlagJazzybee Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl808 Seiten
ISBN9783849629045
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis0,99 EUR
Karl Johann Kautsky war ein deutsch-tschechischer Philosoph und sozialdemokratischer Politiker. Dieser Band beinhaltet folgende erssentielle Schriften: Was nun? - Der Massenstreik Patriotismus und Sozialdemokratie Mengers Neue Sittenlehre Juristen-Sozialismus Eine neue Strategie - Der Massenstreik Die sozialen Triebe in der Tierwelt Die Sozialdemokratie und die katholische Kirche Die neue Taktik - Der Massenstreik Die Klassengegensätze im Zeitalter der Französischen Revolution Die historische Leistung von Karl Marx Die Erhebung des Proletariats Der Sozialismus Die direkte Gesetzgebung durch das Volk und der Klassenkampf Die Befreiung der Nationen Die Aussichten der Russischen Revolution Die Aktion der Masse Demokratie oder Diktatur Das Recht auf Arbeit Arthur Schopenhauer Am Tage nach der sozialen Revolution

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Leseprobe

 


Die vorliegenden Ausführungen erschienen zuerst als Artikel in der Leipziger Volkszeitung. Dem mehrfach geäußerten Wunsch, sie als besondere Broschüre zu veröffentlichen, komme ich um so lieber nach, als das Thema ja auch den nächsten internationalen Kongress beschäftigen wird, auf dessen Tagesordnung es gesetzt ist.

 

Freilich, über die Frage des Patriotismus selbst dürften erhebliche Meinungsverschiedenheiten in der internationalen Sozialdemokratie kaum zutage treten. Soviel ich sehe, sind die Sozialisten aller Länder in dem Streben einig, jedem drohenden Krieg auf das energischste entgegenzutreten, weil seit dem Ausbruch der russischen Revolution kein Krieg mehr erwartet werden darf, zu dem nicht der Patriotismus des Proletariats, alle seine Interessen und Ziele, im schroffsten Widerspruch ständen.

 

Aber über die Art und Weise, wie dem Kriege entgegenzutreten, bestehen allerdings bedeutende Meinungsverschiedenheiten zwischen den Sozialisten der verschiedenen Länder. Daran ist jedoch nicht zu zweifeln, dass die deutsche Sozialdemokratie jede Verpflichtung entschieden ablehnen wird, dem Ausbruch eines Krieges durch Insurrektion, Militärstreik oder Massenstreik entgegenzutreten. Wenn die Genossen anderer Länder diese Mittel für erfolgreich halten und in der Lage sind, sie zu propagieren, brauchen wir sie daran nicht zu hindern. Aber wir müssen uns dagegen verwahren, eine Verpflichtung zu derartigem Vorgehen für die proletarische Internationale festzusetzen.

 

Wir wollen kein Gewicht darauf legen, dass diese Verpflichtung in vielen Staaten sofort die gesamte sozialdemokratische Organisation der völligen Auflösung durch die Behörden ausliefern würde. Das müsste getragen werden, wenn ein unerlässliches Ziel nicht anders erreicht werden könnte. Aber es wäre Torheit, wollte man die Staatsgewalt in dieser Weise provozieren wegen einer Verpflichtung, die ihr Ziel nicht erreichen könnte, die völlig verfehlt ist. Und das gilt vom Militärstreik und ähnlichem Vorgehen bei Ausbruch eines Krieges – wenigstens in der Regel. Es mag ja Staaten geben, in denen die militärische Disziplin schon so gelockert ist, dass man durch eines der oben erwähnten Mittel erfolgreich die Führung eines Krieges unmöglich machen kann – aber auch da müsste es ein bei allen Klassen aufs höchste unpopulärer Krieg sein, sollte das Mittel wirken können. In der Regel aber wird es versagen.

 

Man muss erwägen, dass absichtlich, mutwillig keine Regierung heute einen Krieg anzetteln wird. Jede scheut ihn. Bricht er trotzdem herein, dann kommt er als letzte unvermeidliche Konsequenz einer Politik, die die Staaten früher schon betrieben haben. Diese Politik, die Kolonial- und Rüstungspolitik, im Frieden zu bekämpfen, ist weit leichter, als dem Krieg selbst entgegenzutreten, wenn er am Ausbrechen ist. Denn im ersteren Falle sind die Leidenschaften weniger erregt, werden Gründe der Vernunft eher gehört, ist das Kriegsrecht noch nicht in Geltung getreten, also die Kraft der Staatsgewalt geringer. Wenn es trotzdem zum Kriege kommt, so ist das ein Beweis dafür, dass die Sozialdemokratie der betreffenden Länder zu schwach war, im Frieden die Kolonial- und Rüstungspolitik zu verhindern. Und nun soll sie unter viel schwierigeren Umständen die ungeheure Kraft entfalten, die erheischt ist, bei Kriegsausbruch die notwendige Konsequenz dieser Politik unmöglich zu machen! Die Sozialdemokratie, die zu schwach war, die Regierung zu hindern, nach auswärtigen Territorien zu angeln, soll plötzlich stark genug sein, der Regierung und der Masse der Bevölkerung die Wehrlosigkeit gegenüber einer befürchteten feindlichen Invasion und Verwüstung des eigenen Landes aufzuzwingen!

 

Verfügte die Arbeiterklasse über einen solchen Einfluss im Militär, dass sie vermöchte, dieses lahm zu legen, sobald die Abwehr des äußeren Feindes infrage kommt, so müsste sie noch weit eher imstande sein, dasselbe Militär im Frieden zur Untätigkeit zu veranlassen, wenn es gegen den inneren Feind aufgeboten wird, denn sicher werden die Truppen gegen die eigenen Volksgenossen nicht jene Energie und Feindseligkeit entfalten, wie gegen Fremde, durch die sie den eigenen Herd, die eigene Existenz bedroht wähnen.

 

Vermöchten die Proletarier aber im Frieden das Militär vom Kampf gegen den inneren Feind abzuhalten, dann brauchten sie sich nicht mehr anzustrengen, um einen Krieg zu verhüten, denn dann wären sie stark genug, der Staatspolitik im Frieden schon eine solche Richtung zu geben, die jeden Krieg ausschlösse.

 

So lange das Proletariat dazu nicht die Kraft besitzt, hat es noch weniger die Kraft, einen ausgebrochenen Krieg durch sein Eingreifen unmöglich zu machen. Und vermöchte es das letztere, so müsste es noch eher imstande sein, von vornherein zu verhüten, dass es überhaupt zum Kriege kommt.

 

Was Hervé und seine Genossen verlangen, ist nichts anderes, als dass das Proletariat sich verpflichten soll, einen Kampf, dem es unter normalen Bedingungen noch nicht gewachsen ist, unter ganz außerordentlich ungünstigen Bedingungen auf jeden Fall aufzunehmen.

 

Sicher, die Arbeiterklasse hat heute jeder Politik, die zu einem Kriege zu führen droht, mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln entgegenzuwirken. Sollte sie jedoch trotzdem nicht stark genug sein, eine solche Politik unmöglich zu machen, und führt diese zum Kriege, dann muss es genügen, dass die Vorkämpfer und Vertreter des Proletariats vor der Masse der Bevölkerung als diejenigen dastehen, die sich dem Kriege mit allen Kräften widersetzten. Das mag der Sozialdemokratie im Beginne des Krieges sehr schaden, wenn dieser alle chauvinistischen Leidenschaften entfacht, es muss das Vertrauen der Massen zu ihr in dem Maße steigern, in dem der Krieg sich hinzieht, die Leiden und Opfer zunehmen, die er verursacht, und ihnen gegenüber das Kampfobjekt immer geringfügiger erscheint. Je länger der Krieg dauert, desto mehr werden die Massen auf uns hören, desto mehr muss unser politisches Ansehen und unsere politische Kraft zunehmen. Dann, am Ende des Krieges, können wir auf große Erfolge rechnen. Aber wir wären außerstande, diese Erfolge einzuheimsen, wenn wir am Anfang des Krieges eine Kraftprobe provozierten, die uns für lange hinaus das Rückgrat brechen müsste!

 

Das wissen die Regierungen sehr gut, und wenn sie den Frieden in den letzten Jahrzehnten bewahrten, geschah es, weil sie das Ende, nicht weil sie den Anfang des Krieges scheuten. Dieser ist noch in ihrer Hand, noch sind die Friedenselemente nicht stark genug, ihnen dabei wirksam entgegenzutreten.

 

Aber nicht wir sind es, die den Ausgang des Krieges zu fürchten haben. Es gibt keine Klasse, die heißer den Frieden wünscht, eifriger jeder Völkerverhetzung widerstrebt, als das Proletariat. Und doch gibt es keine, die ihm ruhiger entgegensehen darf, denn auch da gilt das Wort des Kommunistischen Manifestes: Die Proletarier haben nichts zu verlieren, als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen.

 

Berlin, Juni 1907

 

Karl Kautsky

 

 

I.


 


Die jüngsten Verhandlungen des Reichstags über das Militärbudget haben wieder einmal unseren Gegnern Gelegenheit gegeben, alle möglichen weisen Betrachtungen über das Verhältnis der Sozialdemokratie zum Patriotismus anzustellen. Während die einen uns des Mangels an Patriotismus anklagen, sehen die anderen in jeder Erklärung, dass unser Patriotismus an Kraft dem der besitzenden Klassen zum mindesten nichts nachgebe, wieder einmal den Beginn einer Mauserung der Partei, die unter Führung Bebels im Begriffe sein soll, denselben Abfall von ihren Grundsätzen zu vollziehen, den der Freisinn vollzogen hat.

 

Das eine ist ebenso unsinnig wie das andere, darüber werden wir uns aber mit den Gegnern nie verständigen, aus dem einfachen Grunde nicht, weil unser Patriotismus etwas ganz anderes ist, als der ihre. Mit demselben Worte werden zwei Auffassungen bezeichnet, die sich scheiden wie Feuer und Wasser, und nie war der Gegensatz der beiden so schroff, wie gerade jetzt.

 

Der Patriotismus des Proletariats entbehrt von vornherein jeder feindseligen Spitze gegen andere Nationen. Das Proletariat als unterste Klasse des Volkes kann zu Wohlstand und Anteilnahme an allen Gütern der modernen Kultur nur gelangen, wenn das gesamte Volk zu diesem Wohlstand und dieser Anteilnahme emporsteigt; es kann dahin nur gelangen durch Aufhebung jeder Ausbeutung, dadurch, dass die Masse des Volkes über alle die Produkte verfügt, die sie mit ihrer Arbeit geschaffen hat, und dass diese Arbeit den höchstmöglichen Grad der Produktivität erreicht, so dass sie mit dem mindesten Aufwand an Kraft und Stoff die größte Summe von Produkten liefert, die unter den gegebenen technischen Verhältnissen möglich ist.

 

Das Streben, nicht von Ausbeutung, sondern von eigener Arbeit zu leben, hat das Proletariat mit dem kleinen Handwerker und Bauern gemein. Dies Streben schließt den Verzicht auf jede Eroberungspolitik, schließt die größte Friedfertigkeit in sich. Darin sind diese demokratischen Klassen einig. Aber das Proletariat geht über den Handwerker und Bauern hinaus in dem Streben nach größter Produktivität der Arbeit, die allein es ermöglicht, die Masse des Volkes von der sie erdrückenden Arbeitslast zu befreien, ihr die Muße zur Kultur, zu Wissenschaft und Kunst zu geben.

 

Dies Streben nach größter...

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