2 Einführung in die Normenwelt
2.1 Die DIN EN ISO 9000-Familie
Die 9000er Reihe der DIN EN ISO umfasst drei internationale Normen zum Qualitätsmanagement, die von der ISO – International Organization for Standardization/Internationale Organisation für Normung –, einer weltweiten Vereinigung nationaler Normungsinstitute, erarbeitet wurden.
DIN EN ISO 9000:2015 –
Qualitätsmanagementsysteme – Grundlagen und Begriffe
Sie beschreibt grundlegende Konzepte und Grundsätze des Qualitätsmanagements und legt hierfür die Terminologie fest – ist also eine Sammlung von Definitionen rund um Begriffe des Qualitätsmanagements.
DIN EN ISO 9001:2015 –
Qualitätsmanagementsysteme – Anforderungen
Diese sog. »Darlegungsnorm« legt die Anforderungen an ein Qualitätsmanagementsystem für Zertifizierungs- oder Vertragszwecke fest.
Es handelt sich um eine »generische« Norm, die auf alle Organisationen anwendbar ist.
Auf Basis der DIN EN ISO 9001 gibt es weitere, branchenspezifische Regelwerke, wie z. B. die DIN EN 15224:2017 – Qualitätsmanagementsysteme für die Gesundheitsversorgung, die DIN EN 13485:2016 Medizinprodukte – Qualitätsmanagementsysteme-Anforderungen für regulatorische Zwecke, die sich an die Hersteller von Medizinprodukten wendet.
DIN EN ISO 9004:2018-04
Qualität einer Organisation – Leitfaden zur Erzielung nachhaltigen Erfolgs
Die überarbeitete Version der 9004 hat den Anspruch, einen Leitfaden für den nachhaltigen Erfolg eines Unternehmens zu geben – es geht hierbei um die Qualität der Organisation an sich. Die DIN EN ISO 9004 beabsichtigt, das Managementsystem der Organisation zu verbessern und eine Kohärenz von Vision, Mission, Zielen und Organisationskultur zu schaffen.
Ziel ist es, die Wirksamkeit und Effizienz des Qualitätsmanagements in einem sich ständig verändernden, komplexen Umfeld zu verbessern, um somit zu einer Leistungsverbesserung der Organisation, größerer Zufriedenheit der Kunden und nachhaltigem Unternehmenserfolg beizutragen.
Die DIN EN ISO 9004 ist nicht als Bezugsnorm für eine Zertifizierung vorgesehen.
2.1.1 Grundsätze des Qualitätsmanagements
Die 7 Grundsätze der DIN EN ISO 9000, die nachfolgend kurz dargestellt werden, beschreiben die Philosophie des Qualitätsmanagements. Diese Grundsätze zielen darauf, Organisationen zu einem nachhaltigen Unternehmenserfolg zu verhelfen.
• Kundenorientierung
Das Ziel einer jeden Organisation besteht darin, Leistungen zu erbringen, die die Anforderungen ihrer Kunden erfüllen, im besten Falle sogar übertreffen. Hierzu ist es erforderlich, die gegenwärtigen und auch zukünftigen Bedürfnisse und Erwartungen der Kunden zu kennen. Dies sichert den langfristigen Erfolg einer Organisation.
• Führung
Alle Führungskräfte einer Organisation sind verantwortlich, sich dafür einzusetzen, dass diese ihre Ziele, gemäß ihrem Zweck und ihrer Ausrichtung und unter Einbezug der Mitarbeiter erreicht. Zum Erreichen der Ziele müssen Strategien, Politiken, Prozesse und Ressourcen aufeinander abgestimmt und angepasst werden.
• Einbeziehen von Personen
Um Leistungen zu erbringen und Werte zu schaffen, werden auf allen Ebenen der Organisation kompetente, befugte und engagierte Personen benötigt.
• Prozessorientierter Ansatz
Wenn eine Organisation ihre Tätigkeiten in zusammenhängende Prozessen, die miteinander in Wechselwirkung stehen, ausführt, können beständige und vorhersehbare Ergebnisse erzielt werden.
• Verbesserung
Für einen langfristigen Unternehmenserfolg ist eine fortlaufende Verbesserung der Organisation und ihrer Leistungen erforderlich.
• Faktengestützte Entscheidungsfindung
Entscheidungen sollen auf Fakten basierend auf der Analyse und Auswertung von Daten und Informationen getroffen werden.
• Beziehungsmanagement
Organisationen sollen ihre Beziehungen mit relevanten interessierten Parteien steuern und pflegen, um einen nachhaltigen Erfolg zu erzielen.
2.1.2 Die DIN EN ISO 9001:2015
Einführung
Die internationale, branchenübergreifende Norm beschreibt Anforderungen an ein Qualitätsmanagementsystem. Die Norm kann zum Aufbau und auch zur Zertifizierung eines Qualitätsmanagementsystems verwendet werden.
Ihre stark technisch beeinflusste Sprache schreckt viele Leser, insbesondere auch aus der Ärzteschaft, zunächst ab. Allein der Begriff des »Kunden« ist für manche ein Reizwort – »Wir haben keine Kunden, sondern Patienten!«, ist eine häufig vorkommende Äußerung. Auch die Verwendung von Begriffen wie »Produkt«, »Entwicklung«, »interessierte Parteien« wirkt zunächst befremdlich. Bei aller durchaus berechtigter Kritik sollte jedoch bedacht werden, dass diese Norm den Anspruch verfolgt, für jegliche Organisation anwendbar zu sein:
»Alle in der Norm festgelegten Anforderungen sind allgemeiner Natur und auf jede Organisation zutreffend, unabhängig von deren Art oder Größe oder der Art der Produkte und Dienstleistungen.«5 Dies erfordert daher eine Art »Übersetzung« in die Sprache des Krankenhauses und eine Anpassung an die besonderen Bedürfnisse einer Einrichtung des Gesundheitswesens.
Die DIN EN ISO 9001 wendet den prozessorientierten Ansatz an sowie als neue Anforderung das risikobasierte Denken ( Kap. 2.1.4 und 2.1.5).
Im Zentrum des Qualitätsmanagementsystems steht die Führung der Organisation ( Kap. 5). Sie steuert und verantwortet sämtliche QM-Aktivitäten der Einrichtung. Im neuen Kapitel »Planung« finden sich Anforderungen an den Umgang mit Risiken und Chancen sowie Qualitätsziele und Planungen rund um das Qualitätsmanagementsystem ( Kap. 6). Im ebenfalls neuen Kapitel »Unterstützung« ( Kap. 7) werden die Anforderungen an Ressourcen und Dokumentenmanagement zusammengefasst. Kundenanforderungen an ein Produkt oder eine Dienstleistung werden durch die Prozesse einer Organisation umgesetzt – alle Normenforderungen hierzu finden sich in Kapitel 8 »Betrieb«. Das Normenkapitel »Bewertung der Leistung« umfasst die Anforderungen an die Bewertung der Kundenzufriedenheit, Internes Audit und Managementbewertung ( Kap. 9). Das letzte Kapitel 10 beinhaltet den Umgang mit Fehlern und Korrekturmaßnahmen sowie die fortlaufende Verbesserung.
Während bisher die DIN EN ISO 9001 die Anforderungen des Kunden als alleinige Eingabe in das Qualitätsmanagementsystem betrachtet hat, gibt es nun neue Anforderungen zur Betrachtung des organisationalen Kontextes sowie der Erfordernisse und Erwartungen relevanter interessierter Parteien ( Kap. 2.1.6). Anforderungen hierzu und zur Gestaltung des Qualitätsmanagementsystems finden sich in Kapitel 4.
Ziel und Zweck des Qualitätsmanagementsystems ist es, zu geplanten Ergebnissen zu führen. Die DIN EN ISO 9001:2015 stellt kein starres QM-System dar, sondern beschreibt Vorgaben und Inhalte, die ein QM-System umfassen sollte – sie definiert einen Rahmen für den Aufbau und die Struktur des Qualitätsmanagements und gibt Hinweise zu einer sinnvollen und zweckmäßigen Anwendung. Wie aber der vorgegebene Rahmen auszufüllen ist, muss in jeder medizinischen Einrichtung, ihren jeweiligen Anforderungen und Gegebenheiten entsprechend individuell überlegt werden. Das QM-System, ein Einheitssystem, mit vorgefertigter einheitlicher Struktur und Dokumentation für ein Krankenhaus oder eine Abteilung kann es nicht geben. Es ist auch nicht die Absicht der Norm, zu einer »Vereinheitlichung der Struktur unterschiedlicher Qualitätsmanagementsysteme«6 zu führen.
Der Anwender der Norm hat die Aufgabe, die Rahmenvorgaben der Norm nach seinen jeweiligen Gegebenheiten auszufüllen, in seiner QM-Dokumentation festzuschreiben und für die jeweilige Einrichtung als verbindlich festzulegen.
Abb. 2.1: Modell der DIN EN ISO 9001:2015
Wesentliche Änderungen im Vergleich zur DIN EN ISO 9001:2008
Um unterschiedliche Managementsystemnormen, beispielsweise für Qualität, Umwelt, Arbeitsschutz, Informationssicherheit, untereinander kompatibler zu gestalten, wurde von ISO eine einheitliche Grundstruktur (High Level...