Eine gelungene Führungsbeziehung ist das A und O für Zufriedenheit im Job. Wenn Mitarbeiter und Führungskräfte auf die Bedürfnisse und Rollen des anderen Rücksicht nehmen, können sie gemeinsam für ihre Ziele arbeiten. Darauf und auf einigen Faktoren mehr, basiert auch ein geglückter Motivationsprozess. Doch was tun, wenn das Führungsverhältnis gestört ist?
In diesem Kapitel lesen Sie,
- was die Führungsbeziehung aus psychologischer Sicht auszeichnet und wie die Rollen im Führungsverhältnis verteilt sind (ab S. 66),
- wie Motivation entsteht und was Führungskräfte und Mitarbeiter dafür tun können (ab S. 70),
- wie Störungen in der Führungsbeziehung entstehen und wie man sie behebt (ab S. 77).
Hierarchien und Rollen
In den meisten Unternehmen gibt es mehr als nur einen Chef oder eine Chefin für sonst ausschließlich gleichrangige Mitarbeiter. Spätestens wenn zehn oder mehr Personen in einem Unternehmen arbeiten, werden die ersten Hierarchien eingezogen. Der wesentliche Vorteil hierarchischer Organisationen ist nämlich ihre Effektivität. Das heißt, dass Entscheidungen schnell gefällt werden oder Konflikte rasch bereinigt werden können. Eine Gruppe, die sich vollkommen allein überlassen ist, verhält sich meist ineffektiv.
Beispiel:
Diese Erfahrung mussten auch viele innovative Start-up-Unternehmen machen, die lange glaubten (auch noch bei 50 Mitarbeitern), man könne auch ohne Hierarchien effektiv arbeiten. Sie verloren über kurz oder lang den Überblick und versanken im Chaos.
Im Beruf spielen wir eine Rolle
Die hierarchische Beziehung im Job ist freiwilliger Natur. Die Führungskraft ist nicht in dieses Amt geboren, und der Mitarbeiter ist nicht zu seinem Dasein verdammt. Beide spielen im Grunde eine Rolle. Das Wort „Rolle" ist ursprünglich aus dem Lateinischen abgeleitet und bedeutet „Maske" - ein
Begriff aus der Welt des Theaters, als die Schauspieler Masken trugen, um ihre Rollen zu verkörpern. Diese konnten sie ablegen und mit anderen vertauschen, je nachdem, was das Schauspiel vorsah.
Der Begriff „soziale Rolle" umfasst alle Erwartungen an das Verhalten eines Menschen, der eine bestimmte Position innehat. Eine Rolle betrifft also nicht den Menschen in seiner Gesamtheit, sondern lediglich als Inhaber einer bestimmten Position.
Doch worin unterscheiden sich die Rollen von Führungskräften und Mitarbeitern?
Die Rolle „Führungskraft"
In der Führung liegt nichts Hintergründiges oder gar Geheimnisvolles. Die Rolle der Führungskraft zu übernehmen, bedeutet Folgendes zu tun:
- Mitarbeiter zu motivieren (Motivation),
- Aufgaben richtig zu delegieren (Delegation),
- Mitarbeiter zu steuern, z. B. über Ziele (Steuerung),
- Mitarbeiter zu entwickeln (Personalentwicklung).
Sicherlich fallen Ihnen noch andere Aspekte ein, die Führungskräfte tun oder lassen sollten, z. B. Konflikte schlichten, Informationen weitergeben, Sitzungen leiten. Im Kern sind es aber die oben genannten vier Aufgaben, welche die Rolle einer Führungskraft von der eines Mitarbeiters unterscheiden.
Die Rolle „Mitarbeiter"
Zur Rolle des Mitarbeiters gehört es, sich aus freien Stücken und zunächst vorurteilsfrei den Gegebenheiten des Geführtwerdens zu stellen, d. h. der Führungskraft die Chance zu geben zu motivieren, zu delegieren und zu steuern. Das ist sozusagen die professionelle Rolle, die Mitarbeiter in der Führungsbeziehung einnehmen.
Rollendilemma der Führungskraft
Für Führungskräfte ist die Rollenfindung sehr viel schwieriger als für Mitarbeiter. Denn neben die Fachaufgaben, die auch Mitarbeiter zu erfüllen haben, treten die Führungsaufgaben. Eine Führungskraft soll einerseits verständnisvoll sein und Zeit für ihre Mitarbeiter haben, zugleich ehrgeizige Ziele erreichen und schnell auf sich verändernde Marktsituationen reagieren. Sie soll als Coach ihrer Mitarbeiter auftreten, sie aber auch kontrollieren und für optimale Resultate sorgen. Ihr Handeln soll berechenbar sein und mittels reibungsloser Abläufe Sicherheit vermitteln. Werte wie Vertrauen, Fairness, Respekt und Ehrlichkeit stehen den Forderungen nach Profitabilität, Umsatz oder Kostenreduzierung gegenüber.
Eine Führungskraft kann nicht gleichzeitig allen Erwartungen hundertprozentig gerecht werden - sie lebt damit in einem ständigen nicht lösbaren Dilemma.
Die Bedeutung der Führungsbeziehung
Umfragen zufolge ist die Beziehung zur Führungskraft einer der am häufigsten genannten Wechselgründe bei Arbeitnehmern. Das liegt daran, dass es letztlich die Führungskräfte sind, die darüber entscheiden, welche Rahmenbedingungen im Job herrschen. Sie geben Lob, Wertschätzung und sie sind diejenigen, die interessante Aufgaben überhaupt zugänglich machen.
Nur in einer gelungenen Beziehung zwischen Chef und Mitarbeiter ist es möglich, motiviert zu arbeiten. Motiviertes Arbeiten im Job ist aber ein wesentlicher Faktor des persönlichen Wohlbefindens.
Menschen, die über eine lange Zeit hinweg jegliche Lust auf den Job verloren haben, zeichnen sich durch folgende Elemente aus:
Überblick: Kennzeichen von Demotivation
- Die Betroffenen zeigen wenig oder keine Begeisterung für die Aufgabenstellung.
- Sie zeigen kein Engagement mehr, das eigene Leistungsniveau kontinuierlich zu verbessern bzw. die Karriere voranzutreiben.
- Sie resignieren schnell bei schwierigen Aufgaben und Widerständen und sind bei hohem Arbeitsanfall rasch überfordert.
- Sie zeigen wenig Flexibilität, wenn es um Veränderungen jeglicher Art geht.
- Sie weisen eine höhere Krankheits- bzw. Abwesenheitsquote auf.
Bisweilen spricht man auch von innerer Kündigung. Gemäß einer Studie des Gallup-Instituts, die regelmäßig in ausgesuchten Firmen Deutschlands durchgeführt wird, ist ein erheblicher Teil der Mitarbeiter nicht mehr wirklich engagiert, sogar ein Großteil aktiv unengagiert. Verantwortlich für diese
Situation sind natürlich auch die Führungsbeziehung und das Motivationsverhalten der Führungskräfte.