Körpersprache für ein gelungenes Miteinander
Er ist verräterisch, unser Körper, manchmal mehr, als uns lieb ist. Noch bevor wir einen guten Morgen wünschen, sehen Kollegen, wie wir uns fühlen. Weil er zahlreiche Informationen preisgibt. Wenn wir ihn jedoch gekonnt einsetzen und die Signale anderer richtig entschlüsseln, tragen wir zu einer entspannten Atmosphäre bei.
Körpersprache unter Kollegen
Vermutlich verbringen wir mit niemandem so viel Zeit wie mit unseren Kollegen. Dass es ohne Kommunikationsbereitschaft und eine gute Kommunikationsebene daher im Büro nicht rund läuft, können wir jeden Tag erleben. Unsere Sensibilität ist stark ausgeprägt, wenn es darum geht, Stimmungen im Kollegenkreis aufzufangen. Warum hat die Kollegin an diesem Morgen nicht gegrüßt und ist mit gesenktem Kopf an der Tür vorbeigehuscht? Warum bleibt der sonst offenherzige Mitarbeiter mit dem Rücken abgewandt stehen, auch wenn ich ihn direkt anspreche? Warum muss ich heute für eine Auskunft mehrfach nachhaken, die bislang nie ein Problem war? Wie kommt es, dass wir gerade im Berufsalltag so empfindsam sind? Ganz einfach: Dieser Mikrokosmos ist ein enorm wichtiger Teil unseres Lebens, denn wir bewegen uns meist mehr als die Hälfte des Tages darin. In einem Mikrokosmos, der seine eigenen Gesetze und Regeln hat und der leicht aus dem Gleichgewicht geraten kann. Zum Beispiel dann, wenn die bürointerne Kommunikation nicht funktioniert. Die Folge: Missstimmungen und Dissonanzen im Team wirken sich auf die Motivation und Leistungsfähigkeit aus. Eine funktionierende Kommunikation erzeugt dagegen ein positives Miteinander und fördert einen reibungslosen Austausch. Ehrliche Heiterkeit kann geradezu beflügelnd auf unsere Arbeit wirken. Ein atmosphärisches Unwohlsein erzeugt das Gegenteil, sodass wir uns durch den Arbeitstag schleppen und den Feierabend kaum erwarten können.
Verständigung ohne Hierarchie
Unter Kollegen ist eine gute verbale und nonverbale Kommunikation vor allem deswegen so wichtig, weil Stimmungen und Missstimmungen sich innerhalb der Belegschaft und auf begrenztem Büroraum schnell auf andere übertragen. Ein überforderter, gestresster oder schlecht gelaunter Kollege kann in der gesamten Abteilung oder gar Firma eine gereizte Atmosphäre verbreiten. Das Problem: Je mehr Zeit wir mit bestimmten Personen verbringen und je vertrauter uns eine Gemeinschaft ist, desto mehr tendieren wir dazu, uns ab und an gehen und unseren Launen freien Lauf zu lassen. Kommt noch ein Übermaß an Stress dazu, hat ein bewusstes und vor allem respektvolles Miteinander oftmals Sendepause. Sich in solchen Situationen und Momenten selbst wieder in die richtige Richtung zu lenken und besser auf die eigene Kommunikation zu achten, ist sicherlich nicht einfach und bedarf vor allem eines neutralen Blickwinkels.
Auf eine angenehme Zusammenarbeit!
Es menschelt – dieser schöne Ausspruch bringt auf den Punkt, womit wir es im Beruf ebenso wie im Privaten tagtäglich zu tun haben: mit Menschen. Jeder hat seine guten und schlechten Tage, erlebt Freude ebenso wie Sorgen. In einem Unternehmen herrscht darüber hinaus ein besonderes soziales Gefüge, denn hier treffen nicht nur Individuen aufeinander, sondern auch verschiedene berufliche Rollen. Das heißt, hier müssen wir beides unter einen Hut bringen: uns als Privatperson und uns als Berufsmensch. Das eine lässt sich vom anderen nicht trennen. Selbst wenn Sie kaum über Ihre Familie, Ihren Freundeskreis, Ihre Freizeitaktivitäten oder Gewohnheiten – also über Ihr Privatleben – sprechen, so bekommen die Kollegen doch immer wieder etwas davon mit, unter anderem über Ihre Körpersprache.
Zusammenspiel Berufs- und Privatleben
Natürlich haben Sie in Ihrem Beruf Ihren Mann beziehungsweise Ihre Frau zu stehen. Sie haben bestimmte Aufgabenfelder und Verantwortlichkeiten, müssen Leistung bringen und möglicherweise andere Menschen leiten und lenken. Die Rolle, die Sie daheim als genügsamer Familienvater, verständnisvolle Tochter, patente Mutter, beste Freundin oder lockerer Squashkumpel innehaben, tritt dann in den Hintergrund. Aber legen wir tatsächlich unser privates »Kostüm« ab, wenn wir die Firma betreten? Sind wir plötzlich ein anderer Mensch, nur weil wir Anzug und Krawatte tragen? Andersherum gefragt: Lassen wir den Büromenschen im Wäschekorb oder auf der Anzugstange zurück, wenn wir nach Feierabend die legere Jogginghose überstreifen und mit bequemen Wollsocken auf der Couch herumlümmeln? Nein, wir sind nicht die moderne und weniger gruslige Version von Dr. Jekyll und Mr. Hyde, wir leben keine zwei getrennten Leben – das eine tagsüber, das andere abends und am Wochenende. Denn wir können nicht aus unserer Haut und sind so, wie wir sind, unabhängig von Tageszeit und Situation. So wird jemand, der in seiner Freizeit den bunten Papagei gibt, wohl kaum als graue Maus im Büro erscheinen. Und ein schüchternes Mauerblümchen im Betrieb wird höchstwahrscheinlich nicht nach Feierabend zur großen Netzwerkerin.
Körpersprache identifiziert
Natürlich verhalten wir uns im beruflichen Umfeld anders, denn dort werden andere Erwartungen an uns gestellt, und wir müssen sehr viel sachlicher und nüchterner agieren. Trotzdem ist die Person im Bürosessel und auf der Couch dieselbe und kann das auch nicht verleugnen – wegen der Körpersprache. Schließlich ist unsere Mimik, Gestik und Haltung wie ein optischer DNA-Abdruck. Unsere Körpersprache identifiziert uns jederzeit. Das zu wissen ist die wichtigste Voraussetzung für eine optimale innerbetriebliche Kommunikation auf allen Ebenen. Denn diese Sichtweise hilft, die Kollegen um uns herum besser zu verstehen und verständnisvoller wahrzunehmen. Und sie hilft auch, uns selbst innerhalb dieser Gemeinschaft richtig einzuordnen und Teil des Teams zu werden. Die Alternative wäre, sich selbst Tag für Tag zu verstellen, um nichts von sich preiszugeben. Und Kollegen vorschnell in eine Schublade zu schieben, ohne ihr Verhalten zu hinterfragen. Nicht erstrebenswert und keine gute Basis für eine erfolgreiche und harmonische Zusammenarbeit, die Freude macht.
Das Geheimnis: immer man selbst sein
Doch was ist das Geheimnis einer reibungslosen Verständigung? Wer sich an seinem Arbeitsplatz wohlfühlen will, muss zuallererst authentisch bleiben. Was der österreichische Dramatiker Hugo von Hofmannsthal Anfang des 20. Jahrhunderts in Worte fasste, hat heute mehr Gültigkeit denn je: Es ist immer etwas anderes, ob man eine Haltung, welche auch immer, wirklich hat, oder ob man nur vorgibt, sie zu haben. Wer einen unnatürlichen Eindruck macht, wird so oder so auf Probleme im Umgang mit anderen stoßen – bei Kollegen, zu denen man zwangsläufig eine engere Beziehung eingeht, umso mehr.
Authentisch zu wirken ist die optimale Basis, um als sympathischer und angenehmer Kollege wahrgenommen zu werden. Ein Kollege also, den man gern unterstützt und dem man Rückhalt gibt. Denn das wissen wir alle: Einzelkämpfer kommen meist nicht weit. Ist Ihr Auftreten dagegen deckungsgleich mit Ihrer inneren Einstellung und Ihren Aussagen, dann wirken Sie vertrauenswürdig, natürlich und damit sympathisch. Ein enormer Vorteil für gutes Teamwork.
Eine klassische Weisheit
In »Wilhelm Meisters Lehrjahre« von Goethe heißt es: »Wenn wir die Menschen nur nehmen, wie sie sind, so machen wir sie schlechter. Wenn wir sie behandeln, als wären sie, was sie sein sollten, so bringen wir sie dahin, wohin sie zu bringen sind.« Warum sollte sich an diesem klassischen Gedanken inzwischen etwas geändert haben?
Die Sympathiefrage
Überlegen Sie: Wer in Ihrem Kollegenkreis fällt Ihnen spontan als sympathisch ein? Was macht diese Person aus? Warum haben Sie das Gefühl, dass es sich um einen angenehmen Kollegen oder eine liebenswerte Mitarbeiterin handelt? Vielleicht denken Sie an einen Ihnen zugewandten, offenen Blick oder an eine fließende Handbewegung in Ihre Richtung. Die Person vor Ihren Augen ist ein geduldiger Zuhörer und nickt gelegentlich, wenn Sie etwas berichten. Oder sie berührt Sie auch mal wohlwollend an der Schulter, wenn es um ein schwieriges Thema geht.
Und nun die andere Möglichkeit: Wer aus dem Team fällt unangenehm auf? Bei welcher Person bekommen Sie spontan Gänsehaut? Wenn Sie sich jetzt für einen Moment leicht nach links oder rechts weggedreht haben, dann sind Sie auf der richtigen Spur. Denn der bloße Gedanke an einen Menschen, den wir als eher unsympathisch einstufen, bringt unseren Körper zum Sprechen und lässt uns instinktiv auf Distanz gehen. Gähnt der betreffende Kollege vielleicht ständig und unverhohlen im Gespräch? Oder schaut er aus dem Fenster oder auf die Uhr, während Sie ihm etwas erklären wollen? Schlägt er die Beine übereinander und dreht dabei den Oberkörper mit der Breitseite weg, sodass sich eine Art Schallmauer zu Ihnen aufbaut?
Auf diese oder ähnliche Weise stufen wir jeden einzelnen Kollegen in unsere persönliche Sympathiehierarchie ein und empfinden die Zusammenarbeit daher mit einigen als mehr, mit anderen als weniger angenehm. Das beeinflusst meist auch unser Verhalten den jeweiligen Kollegen gegenüber, indem wir manche netter oder...