II. Handelsausrichtung
»Welcher Chartverlauf wird während des Trades zugelassen …?«
Basisfragen
Hinter vorgehaltener Hand könnte man flüstern: »Es ist völlig egal, welche Handelslogik man als spekulativ ausgerichteter Händler verwendet. Nimm Candlesticks, nimm einen von den Tausenden Indikatoren, nimm Trendlinien, nimm Vola-Ausbrüche, nimm einen Punkt 2 oder 4 oder 27, von mir aus den Mond! Wurscht. Hauptsache, man setzt sich mit einem Thema im Detail auseinander …«
Oder mit anderen Worten: Eine der wichtigsten Erkenntnisse im Leben eines Händlers ist, dass jeder Verlust wie auch jeder Gewinn bei einer Position nur durch den richtigen bzw. falschen Ausstieg, sprich: durch die richtige oder falsche Stoppsetzung, entsteht. Eines der großen Probleme eines Händlers ist, dass er nach dem Ein- und dem Ausstieg den weiteren Chartverlauf beobachtet und sich dann immer ärgert, dass er, bezogen auf den weiteren Kursverlauf, den Stopp »wieder« total falsch gesetzt hat. Um nicht diesem Irrtum der falschen Stoppsetzung zu unterliegen bzw. um dieses Risiko zu mindern, muss sich ein Händler neben dem Wissen um das Einstiegssignal demnach über das seinem Handel zugrunde liegende Ziel klar sein: Erst wenn er dieses klar definiert hat, also wenn er sich im Klaren ist, ob er seinem Trade den Trend, die Bewegung oder nur den Ausbruch zugrunde legt, kann er die wichtige und vor allem richtige Entscheidung treffen, wie mit den Stopps bei Positionseröffnung sowie im weiteren Verlauf dieses Trades zu verfahren ist.
Da jedoch so manch angehender Händler noch zu wenig Kenntnis über den Trendaufbau besitzt und sich allein aus diesem Grund über seine Zielbestimmung im Unklaren sein wird, macht er bei den Stopps so viele Fehler. – Was die Folge ist? Nun … die Stopps sind oft wahllos gesetzt und der aktuellen Chartsituation völlig unangemessen.
Frage 67
Einem spekulativ orientierten Händler stehen – unabhängig von seinem Regelwerk für den Ein- und Ausstieg – drei Handelsausrichtungen zur Verfügung: Ausbruchs-, Bewegungs- und Trendhandel. Worin liegt u. a. deren Unterschied?
Antwort:
- a.Ob Trendkanäle oder Indikatoren oder doch eher Candlestick-Formationen zur Anwendung kommen.
- b.Welche Architektur von Bewegungs- und Korrekturabläufen während der Positionierung zugelassen wird.
- c.Ob manuell oder automatisiert gehandelt wird.
- d.In der Haltedauer des Trades.
Frage 68
Welche Gemeinsamkeit haben alle spekulativen, markttechnisch orientierten Handelsausrichtungen?
Antwort:
- a.Das Arbeiten mit Kurszielen.
- b.Dass in den ersten 30 Handelsminuten nach Markteröffnung keine Trades eröffnet werden.
- c.Die Definitionsgrundlage für einen tendierenden Markt.
- d.Alle drei Handelsausrichtungen sind gleichermaßen für alle Handelsprodukte geeignet (Futures, Aktien, Optionen, Optionsscheine, CFDs …)
Björn berichtet:
Ich habe seit einigen Monaten ein Handelskonto. Wie es bisher lief? Nun, ich achte auf alles und träume beständig. Ich bemerke jedes noch so winzige Mienenspiel des Charts, nehme die kleinste Veränderung in dessen Ablauf wahr, und während ich dies sehe, überlege ich schon den nächsten Trade und denke an nichts anderes. Am allerwenigsten aber erinnere ich mich an das, was ich mir jeden Morgen an Regelwerken und Verhalten vorgenommen oder neu ausgedacht oder wieder ins Gedächtnis gerufen habe. Meine Trades entstehen unabhängig von irgendeiner fachlichen Natur oder inneren Notwendigkeit. Und so machte ich auch diese Handelswoche stets aufs Neue Fehler! Aber so oft ich mir auch Fragen über Fragen stelle, so oft ich auch glaube, mir diese eigentlich schon vor Längerem beantwortet zu haben, so wenig kann ich mich daran erinnern, wie die Antworten lauteten. Und wenn ich nachzulesen versuche, was ich früher aufgeschrieben habe, finde ich nichts, was mir weiterhilft …
Frage 69
Welche fachlichen und mentalen Anforderungen stellen die drei Handelsausrichtungen (Rot = hohe Anforderungen, Gelb = mittlere Anforderungen, Grün = geringere Anforderungen)?
Antwort:
- a.Schema (1).
- b.Schema (2).
- c.Schema (3).
- d.Keines der Schemata, denn fachlich wie mental stellen alle drei Handelsausrichtungen gleich hohe Anforderungen.
Merke:
Einem Händler muss klar sein, dass sich, unabhängig von der gegenwärtigen Situation im Chart, dem gewünschten oder erwarteten bzw. gewählten Einstiegssignal sowie der zur Betrachtung gewählten Zeiteinheit (besser Trendgröße), ein Trend stets aus einer Bewegung und einer Korrektur aufbaut. Aber wozu taugt dieses Wissen? Wie kann man es gewinnbringend anwenden? Dies geschieht einzig über die Zielfeststellung und Zielausrichtung. Sprich: Erst wenn sich der Händler der drei Möglichkeiten – nämlich Handel des Trends, der Bewegung, des Ausbruches – und damit der zugelassenen Architektur innerhalb des Trades fachlich bewusst ist und diese vor dem Trade definiert bzw. sich für eine der drei Möglichkeiten entschieden hat, kommt im weiteren Chart- und Handelsverlauf keine mentale Entscheidungsunsicherheit mehr auf.
Frage 70
Ist mit der Entscheidung für eine Handelsausrichtung auch der Handelsstil definiert?
Antwort:
- a.Ja, denn der Handelsstil definiert sich für einen Händler einzig über die Handelsausrichtung.
- b.Nein, denn es muss noch die Einstiegsregel definiert werden.
- c.Nein, denn es müssen ebenso die Einstiegs- als auch die Ausstiegsregel und etwaige Besonderheiten (Möglichkeiten des Wiedereinstiegs, Varianten des Kippbilds des jeweiligen Handelsstils etc.) definiert werden.
- d.Die Frage ist gänzlich falsch, denn der Handelsstil definiert sich einzig über das Ein- und Ausstiegssignal; die Handelsausrichtung hingegen ergibt sich durch die Art und Weise des vom Händler angewandten Arbeitsstils.
Merke:
Beim markttechnisch orientierten Trading dürfen das Einstiegssignal und die Handelsausrichtung nie verwechselt werden.
Jonathan berichtet:
Im Nachgang betrachtet könnte ich es auch so ausdrücken: Meinen ersten Handelsmonaten standen die üblichen Ansichten und Hemmungen eines Anfängers entgegen, die teils sinnloser, teils trivialer Natur waren, wie beispielsweise die selbst auferlegte »ehrenhafte Pflicht«, als Händler Märkte »kontrollieren« zu müssen, genau wie das Gefühl, als Händler gegen anerkanntes »Arbeitsethos« zu verstoßen, wenn man Geld ohne Stress verdient. Aber auch, dass die gehandelten Geldbeträge nicht zu meinem mentalen Mäntelchen passten, war allem Anschein nach einer der vielen Gründe, dass grundlegende Fachlichkeiten nicht von mir beachtet wurden. Anders formuliert: Als Anfänger konnte ich noch nicht recht begreifen, dass es dort, wo die substanzielle Wirklichkeit nur einen Knopfdruck long oder short entfernt lag, um so »kompliziert einfache Dinge« geht wie das fachliche Verständnis von Duplizierbarkeit und Beständigkeit! Auch wenn ich den damit verbundenen Schmerz jedes Mal aufs Deutlichste spürte, blieb mir dennoch unverständlich, dass ich, der ich doch angeblich der Idee der Wahrheit zugewandt war, nichts anderes war als ein Narr, solange ich meinem Ehrgeiz folgte, ein erfolgreicher Händler sein zu wollen, ohne mich mit diesen einfachen Dingen zu beschäftigen …
Frage 71
Welche Aussage zu den Handelsausrichtungen in Bezug zu den Marktsegmenten stimmt?
Antwort:
- a.Aufgrund der höheren Liquidität ist der Trendhandel einzig im Terminhandel ratsam.
- b.Aufgrund der Unterschiede in der Kursstellung ist es sinnvoll, den Ausbruchshandel in einem gehandelten statt einem gestellten Markt durchzuführen.
- c.Der Trendhandel ist aufgrund der fehlenden Gaps (Wochenende ausgenommen) einzig im Devisenmarkt, und hier wiederum einzig auf hohen Trendgrößen, sinnvoll anwendbar.
- d.Da es im Ausbruchshandel auf wenige Kursstellungen ankommt, sind aufgrund der höheren Geld-Brief-Spannen Optionsscheine besonders gut geeignet.
Merke:
Häufig wird von Anfängern ein CFD-Broker, trotz des hohen Zuspruchs durch Kunden aller Art, beinahe als Geldschneider beschrieben und man meint, es mit solchen Brokern so ähnlich wie mit Radioaktivität halten zu müssen: etwas, dem man sich mit Vorsicht und Schutz nähern sollte. Nun haben die Einwände bei manchem Broker sicherlich bis zu einer gewissen Stelle ihre Berechtigung; allerdings liegt in der Wahl der Handelsausrichtung und damit in der Wahl der Trendgröße von Haus aus bereits ein zweckmäßiger und ausreichender Schutz vor. Oder mit anderen Worten: Wir alle sind uns durchaus im Klaren darüber,...