Einführung
Bevor wir uns mit Übertragungsmustern beschäftigen, müssen wir uns erst einmal damit auseinander setzen, wie wir im eigentlichen Sinne überhaupt funktionieren. Meist denken wir, dass wir eine Person sind, ein Ganzes, welches unterschiedlich reagiert, je nachdem, mit welcher Thematik wir gerade konfrontiert werden. Dies stimmt jedoch nur bedingt. Natürlich fühlen wir uns komplett, zumindest sollte das so sein. Nichtsdestotrotz bestehen wir jedoch aus verschiedenen Energieanteilen, die sich in uns geprägt haben und mit denen wir uns auch auseinander setzen müssen. Diese Teile sind uns in der Ursubstanz vorgegeben, in jedem von uns, damit das Lebensspiel auch farbig bleibt. Würden wir tatsächlich nur aus einem Ganzen bestehen, dann würden wir uns nicht wirklich bewegen, entwickeln und unsere Teile individuell prägen.
Symbolisch gesehen, spalten wir uns in Teilen ab und lernen so mit unterschiedlichen Teilaspekten dynamisch zu leben. Woran Sie das am Besten erkennen können? Ganz einfach, fühlen Sie in sich hinein und fragen sich, ob Sie nicht auch schon mal ganz anders reagiert haben, als Sie ursprünglich reagieren wollten. Das heißt, auf einmal reagieren und fühlen Sie sich anders als kurz zuvor. Sie können sich dieses Phänomen der Stimmungsschwankung noch krasser vorstellen, wenn Sie an den Spruch denken:„Himmelhoch jauchzend - zu Tode betrübt“. Wie kommt eine solche Sinneswandlung zustande?
Ganz einfach: Ein Teil in Ihnen, das eben noch im Vordergrund stand, bereitet Ihnen ein hohes Glücksgefühl, dann übernimmt ein anderes Teil den beliebtesten aller Plätze, vertritt den eigenen Standpunkt und lässt Sie in depressiver Stimmung verstummen. Sie spüren beide Persönlichkeitsanteile zu unterschiedlichen Zeiten und reagieren darauf. Die Emotionen haben Sie im wahrsten Sinne des Wortes „übermannt“.
Dies passiert viel öfter, als wir denken, doch müssen dabei diese emotionalen Schwankungen nicht immer so ausgeprägt spürbar sein wie eben beschrieben. Nein, auch viel kleinere Veränderungen nehmen wir wahr und reagieren darauf. Wenn wir uns innerlich, d.h. unsere Energieanteile in uns, nicht sortiert haben, dann werden wir uns immer wieder ausgeliefert fühlen. Je nachdem, „wer“ dann in uns einen kurzen Augenblick regiert, kann dieser Energieanteil uns, im wahrsten Sinne des Wortes, das so schön geplante Abendessen vermiesen.
Die wahre Lebenskunst des Könnens, der Handlungsfähigkeit liegt nun darin, eine Klarheit für sich zu bekommen, zu wissen, wer alles in einem lebt und auch regiert. Je besser wir uns kennen, desto einfacher können wir mit unserem Leben umgehen. Wir werden lernen müssen, uns selbst zu sortieren, damit wir entsprechende Klarheit bekommen. Somit sollten wir uns einmal ein bisschen von der These weg bewegen, dass wir grundsätzlich in uns gesamt betrachtet suchen müssen.
Alleine der Blick hin zu einzelnen Teilaspekten lässt uns viel leichter erkennen, wer sich alles auf unserer großen Lebensbühne bewegt und regelmäßig an unserem Tagesgeschehen teilnimmt. Schauen Sie einmal in sich hinein. Wer oder was lebt alles in Ihnen und mit welchen Energieanteilen gehen Sie gerne um? Oder welche Energieanteile, die wir auch als Charaktereigenschaften bezeichnen, mögen Sie gar nicht an sich selbst? Bedenken Sie bitte, alles das, was in Ihnen steckt, wird sich über Sie bemerkbar machen und Sie werden auch diese Anteile stetig zu spüren bekommen.
Sie kommen also nicht drum herum, genau auf sich Acht zu geben. Lernen Sie sich besser kennen und Sie werden erfahren, welche verborgenen Schätze in Ihnen schlummern. Sie kommen in Ihrem Leben nicht weiter, wenn Sie stets gegen sich selbst leben sollten. Der Weg hin zu uns selbst ist die einzige Hilfe, die uns wirklichen Nutzen bringen kann. Doch nun gleiten wir tiefer in die Thematik hinein.
Wir alle kennen das. Wir leben übernommene Verhaltensmuster unserer Mutter oder unseres Vaters nach, ohne diese Prägungen, die wir auf uns laden, bewusst wahrzunehmen. Doch irgendwann macht es „klick“ und uns fällt auf, dass wir uns innerlich unter Druck fühlen, obwohl das gar nicht sein muss. Wir spüren einen inneren Kampf.
Die Energieanteile in uns, die in absoluter Überzeugung, übernommene Verhaltensmuster nachleben wollen, übertönen die, die in uns frei sein und sich für die Freiwilligkeit einsetzen wollen. Das hört sich ein wenig kompliziert an, ist es jedoch nicht. Schauen wir uns das Ganze genauer an. Wir alle bestehen, wie schon erwähnt, aus Energieanteilen, die unterschiedlich geprägt sind, die jedoch alle zu Wort kommen wollen. Die innewohnenden Persönlichkeitsanteile prägen unser Meinungsbild.
Je nachdem, welcher Anteil, welche Teilpersönlichkeit sich zum jetzigen Zeitpunkt angesprochen fühlt, dementsprechend leben wir uns. Und so passiert es nicht selten, dass wir sehr stimmungsschwankend reagieren, und zwar immer dann, wenn eine vorne stehende Teilpersönlichkeit mit einer anderen wechselt, also den Platz in uns tauscht. Dann reagieren wir von einem Moment auf den anderen anders und zwar so, wie die nun vorne stehende Teilpersönlichkeit dies von uns verlangt. Doch wie prägen sich diese Anteile? Meist schon aus früheren Leben tragen wir energetische Abspaltungen in uns, die sich immer wieder bemerkbar machen. Doch die Hauptprägung erhalten wir zumeist in unserer Kindheit.
Kleine Kinder lernen von ihren großen Vorbildern, den Eltern. Je stärker sie sich mit ihren Eltern identifizieren, desto mehr Verhaltensmuster übernehmen sie von ihnen und prägen sich somit nach diesen Vorbildern. Da wir jedoch immer nur eine bestimmte Perspektive einer Sache anschauen können, werden die Eltern auch nicht als komplette Persönlichkeiten, sondern nur als Teilpersönlichkeiten identifiziert.
Die komplette Prägung einer Teilpersönlichkeit bleibt jedoch zumeist für einen Außenstehenden verborgen. So können wir auch nur einen Miniteil verstehen und über unser eigenes Verständnis oder auch Unverständnis, also über unsere eigene Wertung gefiltert wahrnehmen. Wir kennen das alle, immer dann, wenn wir uns mit einer uns nahe stehenden Person auseinander setzen, legen wir deren Worte auf die Goldwaage, um vielleicht doch noch einen Funken Kritik erhaschen zu können. Warum wir das tun?
Wir nehmen von unserem Gegenüber verschiedene Worte wahr, die insgesamt betrachtet, etwas vermitteln wollen. Ein Energieanteil in uns will aber nur bestimmte Worte hören und verschleiert alles andere Gesprochene, wird somit nur aufmerksam, wenn es sich angesprochen fühlt, vielleicht ist gerade dieses Teil gewohnt, von anderen Teilpersönlichkeiten in uns permanent für die Schattenseiten des Lebens schuldig gesprochen zu werden.
Und da wir selbst viel zu wenig auf uns Acht geben, kann es uns passieren, dass sich dieses verletzte Teil nun über den äußeren Partner bemerkbar machen will. Es wartet dann lauernd, wann es an der Reihe ist, wann es sich angesprochen fühlt. Jede noch so kleine Möglichkeit wird es nutzen, um sich schmerzlicherweise bemerkbar zu machen. Und dann passiert es: Der Partner benutzt unbeabsichtigt die passenden Worte, das ist die Chance für das verletzte Teil sich persönlich angesprochen zu fühlen und zu reagieren, darauf hat es symbolisch gesehen, nur gewartet.
Jetzt ist der Kanal frei und schon schiebt es sich schwungvoll in den Vordergrund und präsentiert mit Wonne all seine gespeicherte, verletzte Energie. Es kommt mit einem solchen Schwung nach vorne und zeigt stolz seine verletzte, wohlgehütete, gespeicherte Energie, dass die gegenüberstehende Person gar nicht daran vorbeikommt, als diese Energieladung wahrnehmen zu müssen. Sie spürt ganz deutlich, dass sie emotional getroffen wurde. Da wir alle jedoch viel zu wenig gelernt haben, auf uns zu schauen, also in uns selbst zu suchen, passiert es häufig, dass wir den Partner für unsere Verletzung verantwortlich machen. Immerhin hat der Partner die auslösenden Worte gesprochen, die uns an den inneren Schmerz erinnerten.
Dass der Partner dabei etwas ganz anderes im Sinn gehabt haben könnte, liegt dann zumeist fern. So befinden wir uns im inneren Schmerz und reagieren ablehnend auf unser Gegenüber, auf den Schmerzauslöser. Das innere Schmerzteil, das nun besondere Beachtung bekommt, wird alles versuchen, um unseren Blick nach innen gelenkt zu halten, damit wir uns an den alten, innewohnenden Schmerz zu Genüge erinnern können. Doch wie so oft werden wir unseren inneren Schmerz mit einem wütenden Blick auf den Partner eine Zeit lang ausleben, bis wir eine Entspannung erfahren, das heißt, unser Schmerz ein wenig nachlässt.
Wie das kommt? Wir alle nähren tagtäglich unsere Energieanteile mit Energien, damit diese sich auch weiterhin leben können. Natürlich gibt es dabei auch ein Ungleichgewicht. Die Teile, die wir am liebsten mögen, mit denen wir am einfachsten klar kommen, die bekommen das meiste ab. Alle anderen begnügen sich mit dem Rest. Unsere Lieblingsanteile, mit denen leben wir gerne, mit denen kommen wir am einfachsten zu Rande, die sind uns am stärksten vertraut, die wollen wir auch bewusst nähren und alle anderen, die drängen wir zumeist weg.
Damit die Anteile, die wir nicht wahrhaben wollen, die somit eher ein inneres Schattendasein führen, sich überhaupt bemerkbar machen können, brauchen sie eine entsprechende Kraft, um auf unserer Showbühne des Seins auftreten zu können. Damit das überhaupt der Fall sein kann, sammeln diese Energieanteile ihre Rationen an Energie, um sich ein energetisches Reservoir anzulegen. Zum passenden Zeitpunkt, wenn die Lieblingsanteile nicht mehr so bei Kräften sind, suchen sie sich ihre gewohnte Lücke, um sich mit aller Gewalt bemerkbar zu machen. Dann endlich kommen sie zu...