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Entführt und verloren?

Spektakuläre Fälle von Menschenraub und Geiselnahme

AutorStefan Ummenhofer
VerlagMilitzke Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl200 Seiten
ISBN9783861899723
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Ein Kind wird weggelockt, ein Millionenerbe tagelang im Keller eingesperrt, ein Flugzeug zur Kursänderung gezwungen ... Entführungen gehören zu den spektakulärsten Verbrechen überhaupt. So unterschiedlich die Täter vorgehen, so vielfältig sind ihre Motive: finanzielle, sexuelle, politische, persönliche. Erstaunlich: es trifft viel mehr Menschen, als man vermutet. Der bekannte Krimiautor Stefan Ummenhofer hat Fälle mit deutschen Opfern zusammengetragen, die durch Raffinesse, Banalität oder Grausamkeit verblüffen. Er beleuchtet die Hintergründe, ordnet ein, fragt nach. 40 Verbrechen, Hunderte Opfer, unzählige Täter ? diese erste umfassende Publikation zu außergewöhnlichen Entführungsfällen wartet mit spannenden und teils bislang unbekannten Details auf.

Stefan Ummenhofer, geb. 1969 in Villingen-Schwenningen, lebt als Redaktionsleiter und Autor im Raum Freiburg. Er verfasste mehrere Sachbücher zu kriminalistischen und politischen Themen, darunter 2004 zusammen mit Michael Thaidigsmann 'Aktenzeichen XY. ungelöst. Kriminalität, Kontroverse, Kult'. Überaus erfolgreich ist die gemeinsam mit Alexander Rieckhoff verfasste, im Schwarzwald angesiedelte Humorkrimi-Reihe um Detektiv Hubertus Hummel.

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Leseprobe

Einleitung


Sie gehören zu den spektakulärsten Verbrechen überhaupt – Entführungen.

Das hat unterschiedlichste Gründe. Mit offenem Ausgang ziehen sie sich mitunter über einen längeren Zeitraum hin. Gelegentlich sind prominente Menschen davon betroffen.

Und: Immer wieder haben Entführer gezielt die Öffentlichkeit gesucht und ausgenutzt, um an ihr Ziel zu gelangen.

Entführungen haben also einen hohen „Nachrichtenwert“.

Die Opfer sind meist schnell vergessen. Sie leiden oft ihr gesamtes Leben unter dem Trauma. Ebenso ihre Angehörigen, die in der Zeit der Ungewissheit mitunter unvorstellbare seelische Erschütterungen erfahren.

Was ist eine Entführung?


Früher wurde rechtlich unter einer Entführung ausschließlich eine Vorgehensweise bezeichnet, bei der Frauen betroffen waren und der Täter (außereheliche) sexuelle Motive hatte. Heutzutage gehören zu Entführungsdelikten im deutschen Strafrecht sowohl (erpresserischer) Menschenraub, Geiselnahme, Entziehung Minderjähriger sowie Verschleppung.

Im kriminalistischen Sinne ist Entführung allerdings nicht mit Geiselnahme zu verwechseln. Bei einer Entführung ist der Aufenthaltsort des Opfers im Allgemeinen nicht bekannt, bei einer Geiselnahme hingegen sehr wohl. Und: Während bei einer Geiselnahme das Opfer mehr oder weniger zufällig zu einem solchen wird, ist es bei einer Entführung gemeinhin vorher dazu bestimmt worden.

Seit wann wird entführt?


Entführungen gibt es fast seit Menschengedenken – und relativ früh auch schon systematisch.

Im 17. Jahrhundert wurden Minderjährige von Kriminellen entführt und dann als billige Arbeitskräfte in die Kolonien verkauft. Doch bereits aus der Zeit davor sind Fälle aktenkundig belegt.

Ein berühmtes historisches Beispiel ist der „Altenburger Prinzenraub“, der bis heute in Thüringen Gegenstand szenischer Darbietungen ist. Er zeigt: Auch vor 550 Jahren wurden schon Kinder gekidnappt, um Geld zu generieren. Nur die Folgen für die Täter waren damals gravierender – gleich mehrere Todesurteile wurden vollstreckt.

Der konkrete Fall: Drei schwarz vermummte Täter überwinden in der Nacht zum 8. Juli 1455 mit einer Strickleiter die Mauern des Altenburger Schlosses und rauben die Prinzen Ernst (14 Jahre) und Albrecht (11), Söhne des Kurfürsten Friedrich II. zu Sachsen, genannt Friedrich der Sanftmütige.

Die Täter: Ritter Kunz von Kauffungen, ehemaliger Kommandant des Schlosses und auf Seiten Friedrichs II. am Sächsischen Bruderkrieg 1446–1449 beteiligt. Dort war er in Gefangenschaft geraten und hatte sich gegen die Zahlung von bis zu 4.000 Gulden freigekauft. Als Komplizen an der Entführung waren Wilhelm von Mosen und Wilhelm von Schönfeld, Feinde des Kurfürsten Friedrich II., beteiligt.

Das Motiv: Geld. Kauffungen will seine 4.000 Gulden ersetzt haben. Man plant aus diesem Grund, die Geiseln an die böhmische Grenze zu bringen und von dort aus mit Friedrich II. zu verhandeln.

Der Verlauf: Die Entführer trennen sich. Kunz von Kauffungen und seine Leute nehmen den Prinzen Albrecht mit sich, werden jedoch im Wald bei Elterlein überwältigt und im Kloster Grünhain im Erzgebirge den Behörden übergeben.

Wilhelm von Mosen und Wilhelm von Schönfels, die mit Prinz Ernst unterwegs sind und diesen in einem verlassenen Bergwerksstollen in der Hartensteiner Flur unterbringen, verhandeln daraufhin in der Hoffnung auf freies Geleit.

Das Urteil: Von Mosen und von Schönfels bleiben nach erfolgreichen Verhandlungen straffrei, Kunz von Kauffungen hingegen wird wie mehrere seiner Helfer zum Tode verurteilt und am 14. Juli 1455 auf dem Freiberger Obermarkt enthauptet.

Die Opfer: Die beiden entführten Prinzen schreiben in den folgenden Jahrzehnten Geschichte: Sie gelten als die Begründer der Länder Thüringen und Sachsen, nachdem sie 1485 in der „Leipziger Teilung“ ihr Land vertraglich neu ordnen.

Auch Kunst und Kultur haben sich regelmäßig mit Entführungen beschäftigt. Man denke nur an Mozarts 1782 uraufgeführte Oper „Entführung aus dem Serail“, in der die junge Spanierin Constanze, ihre englische Zofe und ihr Diener geraubt und als Sklaven an den Pascha Selim verkauft werden.

So romantisch und großzügig wie dort, wo Selim den Verschleppten schließlich die Freiheit gewährt, obwohl Constanzes Verlobter sein Todfeind ist, endet es in der Realität freilich nur selten …

Warum werden Entführungen begangen?


Das häufigste Motiv ist: Geld zu erpressen. Opfer werden deshalb immer wieder wohlhabende Menschen beziehungsweise deren Angehörige – oder zumindest Personen, bei denen die Täter Geld vermuten. In jüngster Zeit trifft es außerhalb Europas – etwa in Mexiko – auch zunehmend Otto Normalverdiener.

Laut einer Auflistung des Portals Statista aus dem Jahr 2014 wurde weltweit in 68 Prozent der Entführungsfälle, bei denen Lösegeld verlangt wurde, dieses bezahlt, um die Opfer freizubekommen.

Dreizehn Prozent der Verschleppten kamen ohne Lösegeld frei, neun Prozent wurden gewaltsam (im Normalfall von Polizei oder Militär) befreit. Sieben Prozent der Fälle endeten mit dem Tod des oder der Entführten. In drei Prozent der Fälle gelang dem Opfer die Flucht.

Aus welchen anderen Motiven werden Menschen entführt?

Solche politischer oder religiöser Art etwa – also beispielsweise, um inhaftierte Gesinnungs- oder Glaubensgenossen freizupressen. Da dies im deutschsprachigen Raum mehrfach und vorwiegend in den 1970er-Jahren von Linksterroristen praktiziert wurde und diese sich des Fernsehens als Katalysator bedienten, haben sich diese Fälle – beispielsweise im Zusammenhang mit der Entführung des damaligen Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer – besonders ins gesellschaftliche Gedächtnis eingegraben.

Nicht selten liegen bei Entführungen auch sexuelle Motive vor – Ziel ist dann nicht das Geld, das durch das Opfer erpresst werden soll, sondern das Opfer selbst, um dieses zu beherrschen, zu missbrauchen, zu „besitzen“: Das Opfer ist hier nicht Mittel zum Zweck, sondern der Zweck an sich. In solchen Fällen wird es nur selten eine Kontaktaufnahme des Täters mit den Angehörigen des Opfers geben.

Ein weiterer, in einigen Gegenden der Welt gar nicht so seltener Grund: Rache, etwa im Rahmen von Familienfehden.

Es gibt aber auch Fälle, in denen – so paradox es sich anhört – Entführungen stattgefunden haben, um dem Recht zum Durchbruch zu verhelfen. Ein solcher Fall wird in diesem Buch thematisiert.

Wo wird entführt?


Da gibt es keine Hemmschwellen. Die Opfer werden nicht nur in ihrem eigenen Haus, in ihrem gesellschaftlichen oder beruflichen Umfeld oder auf offener Straße entführt, sondern auch in ihrem Fortbewegungsmittel – sei es ein Privatauto, ein Reisebus, ein Schiff (etwa von Piraten gekaperte Frachter, derzeit primär in Ostafrika) oder ein Flugzeug, wobei dann meist gleich eine ganze Gruppe von Opfern betroffen ist – kriminalistisch betrachtet handelt es sich dann oft um eine Geiselnahme.

Der erste Fall von Luftpiraterie wurde 1931 bekannt, als der US-Pilot Byron Richards in Peru von bewaffneten Revolutionären am Boden bedrängt wurde, sie mitzunehmen. Die folgenschwersten Flugzeugentführungen ereigneten sich bekanntlich am 11. September 2001, als islamistische Terroristen vier vollbesetzte Linienmaschinen in ihre Gewalt brachten, um damit strategische Ziele in den USA zu attackieren.

Wo finden weltweit die meisten Entführungen statt?


Lange Zeit hatte Kolumbien dieses Stigma: Zu Beginn des neuen Jahrtausends verzeichneten die Behörden dort etwa 3.000 Entführungen jährlich. Drogenhandel, Korruption, soziale Ungerechtigkeit – Motive gab und gibt es viele. Guerillaorganisationen hielten dabei immer wieder auch Ausländer – Europäer oder Nordamerikaner – und oft über einen längeren Zeitraum als Geiseln fest. Die Zahl der Entführungen in Kolumbien ist in den letzten Jahren jedoch deutlich zurückgegangen.

Inzwischen hat hier Mexiko die traurige Spitze übernommen. Das wurde bekannt, als das dortige Nationale Institut für Statistik und Geografie (INEGI) für das Jahr 2012 erstmals eine Entführungsstatistik veröffentlichte – mit dem dramatischen Ergebnis, dass in jenem Jahr 105.600 Personen entführt worden waren! Demnach sind insbesondere Entführungen mit vergleichsweise niedrigen Lösegeldforderungen für Kriminelle lukrativ, da in solchen Fällen nur selten die Polizei eingeschaltet wird. 93 Prozent der Fälle werden laut dieser Statistik gar nicht erst angezeigt oder verfolgt.

Und: Vor allem virtuelle Kidnappings nehmen zu. Dabei wird nur vorgetäuscht, dass ein Familienmitglied entführt worden ist, Opfer und Täter bekommen sich jedoch gar nicht zu Gesicht.

In etlichen islamischen Ländern besteht ebenfalls ein erhöhtes...

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