EINLEITUNG
Spätestens seit Manfred Krug vor einigen Jahren für die T-Aktie werbend über die Bildschirme flimmerte, wissen wohl die meisten hierzulande, was eine Aktie ist. Endlich. Die Deutschen standen im Gegensatz zu den Amerikanern dieser Anlageform immer skeptisch gegenüber. In Deutschland musste es mündelsicher zugehen. Verluste? Bloß nicht! Konsequenterweise wurde die Aktie gemieden – bis eben die Telekom an die Börse ging. Plötzlich hieß es: investieren in die Zukunft, investieren in die Telekom. Und zunächst lief auch alles gut. Dann platzte die Blase, und die Kurse rauschten in den Keller. Horrende Verluste türmten sich in den Depots, nicht nur bei der T-Aktie, auf.
Viele fühlen sich nach wie vor betrogen und den Kräften des Aktienmarktes wehrlos ausgeliefert. Das Gefühl trügt nicht. Sicher, Betrug ist zum Glück selten an den Aktienmärkten, wenngleich man vor kriminellen Machenschaften auch dort nicht sicher ist, das haben zahlreiche (zu viele) Fälle am früheren Neuen Markt gezeigt, als Anleger dreist um ihr Erspartes gebracht wurden.
An den Aktienmärkten ist es aber so, dass ein Anleger mit dem Kauf eines Wertpapiers die Kontrolle über sein Geld abgibt. Viele Anleger glauben zwar, sie behalten die Steuerung über ihr Kapital, doch das ist eine kostspielige Illusion. Börsenpsychologen sprechen von Kontrollillusion. Den Gewalten der Finanzmärkte ist jeder Anleger machtlos ausgeliefert. Meist kann nur ein strenges Risikomanagement mit Stoppkursen hohe Verluste verhindern.
So mancher Anleger wird sich in einer Situation, in der es mit den Kursen wieder einmal steil nach unten ging, gefragt haben, ob es nicht etwas gibt, mit dem man seine Verluste ausgleichen könnte, oder, noch besser, eine Methode, dass Verluste erst gar nicht anfallen. Gibt es. Rechtzeitig verkaufen, natürlich, doch nicht jeder will sein Depot alle paar Wochen (oder Tage) umschichten, und wer weiß schon, wann der richtige Zeitpunkt zum Ausstieg gekommen ist. Aber die Finanzwelt hält glücklicherweise noch weitere Möglichkeiten bereit.
Ein wichtiges Instrument in der professionellen Vermögensverwaltung sind Hedge Funds. Dabei haben Hedge Funds zunächst einmal mit Hedging (Kurssicherungsgeschäfte) wenig zu tun. Kritiker sagen, das Gegenteil ist sogar der Fall, da ihre Manager bei ihren Spekulationen nahezu alle Freiheiten haben – ein Teufelszeug der Finanzmärkte, das nur Unruhe verbreitet und ganze Volkswirtschaften (wie 1998 in Asien geschehen) ins Unglück stürzt.
Doch letztlich ist der Sinn von Hedge Funds doch der, Risiken optimal zu reduzieren und durch besondere Anlagestrategien dem Investor die Möglichkeit zu geben, auch von rückläufigen Kursen zu profitieren.
Hedge Funds agieren häufig unabhängig von der Marktsituation; sie richten sich somit nach keinem der gängigen Aktienindizes. Ziel der Manager eines Hedge Funds ist es, eine optimale Gesamtrendite (total return) oder eine Mindestrendite zu (absolut return) erwirtschaften.
Wunderbar! Ein Produkt für alle Anlegerlagen. Einmal investieren, und schon ist man als Anleger nicht länger den Unbilden des Aktienmarktes ausgesetzt. Es gibt allerdings einen Haken: Bislang waren Hedge Funds lediglich einem exklusiven Kreis von Anlegern vorbehalten. Wer nicht Millionenbeträge investieren konnte, brauchte erst gar nicht bei einem Hedge-Funds-Manager anzufragen.
Die Summen, die in diesem Bereich bewegt werden, und die schillernden Persönlichkeiten, die sich in diesem Bereich tummeln, sorgen für die entsprechende Public Relations von Hedge Funds. Mythen ranken sich so um den wohl bekanntesten Hedge-Funds-Manager George Soros. Er soll das britische Pfund zu Fall gebracht und dafür gesorgt haben, dass es aus dem europäischen Währungsverbund ausscheren musste. Auch die asiatischen Währungen sollen durch die Hedge Funds Ende der 90er-Jahre unter Druck gebracht worden sein. Die Folge war eine Wirtschaftskrise in der gesamten Region, die bis heute noch nicht ausgestanden ist.
Doch die Börse frisst ihre Kinder, das ist immer so, und bei den Hedge Funds ist es nicht anders. Im Herbst 1998 konnte der amerikanische LTCM-Hedge-Funds nur durch die sofortige Intervention einiger Notenbanken vor dem Bankrott gerettet werden.
Dies liegt lange zurück. Seit dieser Zeit hat sich die Hedge-Funds-Branche sicherlich gewandelt und Vorkehrungen gegen Totalzusammenbrüche getroffen. So etwas wiederholt sich nicht. Vorsicht: Dem ist nicht so! Vergessen Sie nie, dass Sie sich auf den Finanzmärkten bewegen. Auf diesen ist das einzig Sichere, dass es keine Sicherheit gibt. Und: Hier geht es um Hedge Funds. Dies ist nicht gerade die Witwenund-Waisen-Sparte, auch wenn sich durch Hedge Funds Portfolios gut diversifizieren lassen. Alles kann passieren – jederzeit. Selbst die gewieftesten Börsianer sind davor nicht gefeit.
So hat in Japan Anfang 2003 der Eifuku Master Fund (ein Hedge Funds) binnen einer Woche(!) sein gesamtes Vermögen von knapp 300 Millionen Euro versenkt. Der Fonds wurde von einem früheren Wertpapierhändler von Lehman Brothers geführt und erwirtschaftete 2002 noch ein stattliches Plus von 76 Prozent. Wie kann so etwas passieren? Dem ehemaligen Lehman-Spezialisten genügten nur drei Trades (abgeschlossene Transaktionen) und sehr viel geliehenes Geld, um den Fonds zu ruinieren. Das Beispiel zeigt vor allem, wie anfällig manche Hedge Funds auf Marktveränderungen reagieren, wie dicht Glück und Unglück beieinanderliegen.
Trotzdem sind Hedge Funds bei den Berufsanlegern beliebt geblieben, gerade weil man mit ihnen nicht nur von steigenden Kursen profitiert und durch die Beimischung eines Hedge Funds in ein Depot zudem die Schwankungsanfälligkeit (Volatilität) dieses Depots verringern kann. Die Ausschläge in der Wertentwicklung des Gesamtportfolios nach oben und unten werden kleiner, was ein sehr wichtiger Faktor bei der Steuerung eines Depots ist. Das klingt paradox, nach dem was Sie über den japanischen Hedge Funds gelesen haben? Auf den ersten Blick schon, aber gerade dieses nicht marktadäquate Verhalten der Hedge Funds (Totalverluste einmal ausgenommen) macht sie so attraktiv für die Depot-Diversifikation.
Was dennoch bleibt, ist ein gewisses Unwohlsein. Sind Hedge Funds wirklich seriös? Taugen sie für alle Depots, oder sind sie doch eher etwas für professionelle Anleger? In den USA ist die Diskussion im Frühjahr 2003 wieder voll entbrannt, und im September 2003 legte die SEC den 134-Seiten-Bericht „Implications of Growth of Hedge Funds“ vor. Der Tenor: Die bislang nur wenig reglementierten Hedge Funds sollen stärker an die Kandarre der Securities & Exchange Commission (SEC), der amerikanischen Börsenaufsicht, genommen werden. Das kräftige Wachstum und einige Betrugsfälle haben die Behörden zum Handeln veranlasst. Die Einsicht, dass immer mehr komplexe Produkte an unmündige Anleger verkauft werden, alarmiert die Politik. Ein Debakel wie bei den Skandalen mit geschönten Analystenprognosen und unsauberen Bilanzierungsmethoden soll sich an der Wall Street möglichst nicht noch einmal wiederholen. Eine zentrale Maßnahme ist dabei die Registierung der Hedge-Funds-Manager. Dadurch stünden die Hedge Funds stärker unter Aussicht. Die SEC hätte so die Möglichkeit, wichtige Informationen über den Fondsmanager und den Hegde Funds abzurufen. Zudem sollen quasi die Einkommensgrenzen für den Erwerb von Hedge Funds angehoben werden. Seit 1982 ist es in den USA erlaubt, ab einem Jahreseinkommen von 200.000 Dollar (in den zurückliegenden zwei Jahren) oder einem Vermögen von einer Million Dollar in Hedge Funds zu investieren. Sicher ist, dass sich die SEC des Themas angenommen hat. Durch die Registierung ist es den Fondsmanagern nicht erlaubt, Erfolgsbeteiligungen zu verlangen, so lange ein Anleger nicht mindestens 750.000 Dollar bei einem Hedge-Funds-Manager investiert oder eine Nettovermögen von 1,5 Millonen Dollar hat.
Und in Deutschland? Auch hier wird heftig über das Thema Hedge Funds diskutiert. Ab 2004 sollen Hedge Funds auch in Deutschland zugelassen werden. Durch diese Diskussion kommt dieses Investmentinstrument endlich aus seiner Schmuddelecke. Zunehmend schwindet ebenso der Irrglaube, dass es sich bei Hedge Funds um reine Risikoprodukte handelt (wahrscheinlich wurde mit Aktien schon wesentlich mehr Geld verloren als mit Hedge Funds). Für den Finanzplatz Deutschland ist dies ein wichtiger Schritt.
Warum Sie dieses Buch lesen sollten
Durch die Zulassung von Hedge Funds entsteht in Deutschland ein völlig neuer Markt. Neben den bekannten Publikumsfonds werden sich bald auch bei den großen Fondsgesellschaften Hedge Funds im Angebot finden.
Die Investmentbranche soll nach dem Willen des deutschen Bundesfinanzministers entbürokratisiert werden. Das bedeutet: schnellere Zulassungen von Hedge Funds, mehr Hedge-Funds-Produkte, eine höhere Transparenz, und auch Privatanleger dürften Hedge Funds kaufen.
Ein guter Grund, sich als Anleger mit diesem Thema auseinander zu setzen und die Besonderheiten und Fallstricke des Metiers kennen zu lernen, um so Verluste zu vermeiden und vor unangenehmen Überraschungen...