Sie sind hier
E-Book

Werden Chinas Massenmedien demokratisiert? Öffnungs- und Schließungsprozesse in der medienpolitischen Regulierung der Volksrepublik China

AutorFabian Kockartz
VerlagDiplomica Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl114 Seiten
ISBN9783836654227
FormatPDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis33,00 EUR

Die aktuellen Ereignisse in China gehören zurzeit wohl zu den international am intensivsten diskutierten Themen überhaupt. Das rasante Wirtschaftswachstum und die enorm schnellen Veränderungen im Land dominieren dabei die meisten Debatten. Doch auch viele akute Probleme werden kontrovers diskutiert: Nichtregierungsorganisationen kritisieren die Missachtung von Menschenrechten im Land, angrenzende Staaten müssen mit Zwangsbesiedelungen und offenen Gewaltmaßnahmen rechnen, die Freiheit der Presse gilt anscheinend nur, solange keine Regierungsinteressen tangiert werden. Von einer freiheitlich demokratischen Ordnung ist die Sozialistische Volksrepublik China im Jahre 2007 scheinbar weit entfernt.

Vor diesem Hintergrund ergibt sich eine Vielzahl medienwissenschaftlich relevanter Fragestellungen: Welche Tendenz weist die Regulierung der Massenmedien in China im historischen Verlauf auf? Wurden Chinas Medien seit Gründung der Volksrepublik immer demokratischer, oder ist gar das Gegenteil der Fall? Welche Entwicklungen lassen sich diesbezüglich in jüngster Zeit wahrnehmen und welche Prognosen für die Zukunft daraus ableiten?Das vorliegende Buch widmet sich in insgesamt fünf Kapiteln der systematischen Beantwortung dieser Fragen. Dabei bietet es eine umfassende historische Betrachtung der chinesischen Massenmedien sowie zahlreiche aufschlussreiche Inhalte und innovative Erkenntnisse. Das untersuchte Medien-Set setzt sich zusammen aus: Tageszeitung, Hörfunk, Fernsehen und Internet.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

Kapitel 3.3.1.8, Die Ausbildung von journalistischem Nachwuchs

Im Rahmen einer Analyse der Tiananmen-Ereignisse von 1989 stellt Chen in Bezug auf die Ausbildung von Journalisten fest: „Education has been a low priority in the 40 years of communist history, and journalism education is likewise treated as a non-essential part of societal life. [...] Since journalists in China are regarded as 'proletarian fighters' for organizing, agitating and educating the masses in political struggles, education of journalists has thus been focused on political indoctrination rather than on professional training“.Heutzutage gestaltet sich die Situation sehr ähnlich. Die Ausbildung des journalistischen Nachwuchses findet zwar zumeist in einem professionellen universitären Umfeld statt, sie wird aber nach wie vor im Geiste einer systemdienlichen Erziehung durchgeführt und dabei gleichzeitig auf einer reflexiven Ebene innerhalb von gesellschaftspolitischen Debatten vernachlässigt. Der Marxismus-Leninismus stellt weiterhin das dominierende Leitkonzept dar. Darüber hinaus ist es außerdem vollkommen üblich, dass altgediente Journalisten hohe Positionen innerhalb von Partei und Regierung bekleiden.

Derzeit gibt es in China drei institutionelle Wege zur Erlangung eines journalistischen Abschlusses: (1) Über eine von 232 staatlichen Bildungsinstitutionen, (2) durch Teilnahme an staatlich anerkannten Fern-Kursen und -Programmen oder (3) mittels eines Studiums an einer privaten Hochschule.

Zwei der renommiertesten Universitäten im Bereich Journalismus sind die Renmin University und die Fudan University in Shanghai. In Bezug auf die Ausbildung von Nachwuchs für den gesamten Mediensektor spielt die Communication University of China (CUC) eine zentral Rolle. Sie wurde im September 1954 unter dem Namen Beijing Broadcasting Institute (BBI) gegründet und ist heute direkt dem Bildungsministerium angegliedert.

Die CUC sieht sich selbst als die „Wiege des talentiertesten Nachwuchses in den Bereichen Radio, TV, Film und Kommunikation“. Gegenwärtig kümmern sich die Mitarbeiter der Universität um die Ausbildung von 13.291 Studenten aus dem In- und Ausland. Im Laufe der letzten fünfzig Jahre hat die Universität nach eigenen Angaben etwa 60.000 Absolventen und insgesamt 340.000 „onthejob trainees“ ausgebildet. Das breite Bildungsangebot umfasst dabei auch spezielle Studiengänge für die heranwachsende, neue journalistische Elite des Landes. Burgh betont die äußerst privilegierte Stellung von Journalisten innerhalb der chinesischen Gesellschaft. Sie können soziale Netzwerke aufbauen, Themen und kulturelle Werte in einem öffentlichen Kontext reproduzieren und Zugang zu Bereichen erhalten, die normalen Bürgern verschlossen bleiben. Im Gegensatz zu Letzteren werden sie überhaupt angehört und haben durch ihren Beruf prinzipiell die Möglichkeit, die bestehende Presse- und Meinungsfreiheit auszuweiten. Dazu kommen meist auch noch gehobene Lebensumstände, die sich durch eine akademische Laufbahn ergeben.

Letztendlich haben zwar Partei und Regierung im heutigen China größere politische und gesellschaftliche Macht als Journalisten, ihre Profession birgt aber ein reales Potenzial für Veränderungen im gesellschaftlichen System in sich. Nachwuchsjournalisten setzen sich zunehmend mit westlich/demokratisch geprägten Fachinhalten und Arbeitsmethoden auseinander und nehmen diese, so weit möglich, auch an. Gerade ihre spätere Präsenz innerhalb der KPCh könnte also einen Katalysator für diese Veränderungen darstellen. Im gesamten chinesischen Rundfunk- und Pressewesen waren bis Ende 2000 etwa 552.000 Journalisten beschäftigt.

Inhaltsverzeichnis
Der Autor6
Inhaltsverzeichnis8
Abkürzungsverzeichnis10
1 Einleitung12
1.1 Problemstellung und Zielsetzung12
1.2 Aufbau und Anmerkungen13
2 Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes und Definition zentraler Begriffe15
2.1 Politikwissenschaftliche Dimension15
2.1.1 Demokratie15
2.1.2 Menschenrechte16
2.1.3 Regime17
2.1.4 Regulierung17
2.1.5 Öffentlichkeit18
2.1.6 Öffentliche Meinung19
2.2 Medienwissenschaftliche Dimension20
2.2.1 Der Begriff der Massenmedien20
2.2.2 Das Medien-Set21
3 Öffnungs- und Schließungsprozesse als Resultateeines historischen Systemwandels23
3.1 1949–1976: Die VR China unter Mao Zedong23
3.1.1 Strukturen des Mediensystems – Zentrale Akteure undzentrale Interessen23
3.1.2 Die staatliche Regulierung der Massenmedien26
3.2 1976–1992: Von der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft.Die VR China unter Deng Xiaoping34
3.2.1 Strukturen des Mediensystems – Zentrale Akteure undzentrale Interessen34
3.2.2 Die staatliche Regulierung der Massenmedien41
3.3 1992–2007: Das moderne China unserer Zeit.Die Herrschaft der Technokraten49
3.3.1 Strukturen des Mediensystems – Zentrale Akteure undzentrale Interessen50
3.3.2 Die staatliche Regulierung der Massenmedien67
4 Die aktuelle medienpolitische Regulierung anhand ausgewählter Beispiele81
4.1 Tibet: Der Eisenbahnbau nach Lhasa81
4.1.1 Chinesische Presseberichterstattung81
4.1.2 Nicht-Chinesische Presseberichterstattung82
4.2 Die Olympischen Spiele 2008 in Peking84
4.2.1 Chinesische Presseberichterstattung84
4.2.2 Nicht-Chinesische Presseberichterstattung86
5 Schlusswort89
5.1 Rückblick und Ergebnisse89
5.2 Zukünftige Tendenzen94
Literaturverzeichnis95
Stichwortverzeichnis109
Reihe China110

Weitere E-Books zum Thema: Medien - Kommunikation - soziale Medien

Tatort Tagesschau

E-Book Tatort Tagesschau
Eine Institution wird 50. Format: PDF

»Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der Tagesschau« – seit 50 Jahren beginnt so der TV-Feierabend. Souverän beherrscht die Tagesschau die deutsche Fernsehlandschaft. Je nach Nachrichtenlage…

Datenformate im Medienbereich

E-Book Datenformate im Medienbereich
Format: PDF

Das Buch greift einen sehr aktuellen Themenkomplex auf, denn der Datenaustausch findet zunehmend in komprimierter Form über Netzwerke statt. Es beschreibt Standards für die Datenreduktion und den…

Datenformate im Medienbereich

E-Book Datenformate im Medienbereich
Format: PDF

Das Buch greift einen sehr aktuellen Themenkomplex auf, denn der Datenaustausch findet zunehmend in komprimierter Form über Netzwerke statt. Es beschreibt Standards für die Datenreduktion und den…

Datenformate im Medienbereich

E-Book Datenformate im Medienbereich
Format: PDF

Das Buch greift einen sehr aktuellen Themenkomplex auf, denn der Datenaustausch findet zunehmend in komprimierter Form über Netzwerke statt. Es beschreibt Standards für die Datenreduktion und den…

Virtuelle Welten

reale Gewalt Format: PDF

Die Frage, wie Gewalt und Medien zusammenhängen, lässt sich nicht mit einem Satz oder nur aus einer Perspektive beantworten. Deshalb haben 16 Telepolis-Autoren in 20 Essays ihre Meinung, die…

Virtuelle Welten

reale Gewalt Format: PDF

Die Frage, wie Gewalt und Medien zusammenhängen, lässt sich nicht mit einem Satz oder nur aus einer Perspektive beantworten. Deshalb haben 16 Telepolis-Autoren in 20 Essays ihre Meinung, die…

Weitere Zeitschriften

ARCH+.

ARCH+.

ARCH+ ist eine unabhängige, konzeptuelle Zeitschrift für Architektur und Urbanismus. Der Name ist zugleich Programm: mehr als Architektur. Jedes vierteljährlich erscheinende Heft beleuchtet ...

CE-Markt

CE-Markt

CE-Markt ist Pflichtlektüre in der Unterhaltungselektronik-Branche. Die Vermarktung von Home und Mobile Electronics mit den besten Verkaufsargumenten und Verkaufsstrategien gehören ebenso zum ...

IT-BUSINESS

IT-BUSINESS

IT-BUSINESS ist seit mehr als 25 Jahren die Fachzeitschrift für den IT-Markt Sie liefert 2-wöchentlich fundiert recherchierte Themen, praxisbezogene Fallstudien, aktuelle Hintergrundberichte aus ...

Eishockey NEWS

Eishockey NEWS

Eishockey NEWS bringt alles über die DEL, die DEL2, die Oberliga sowie die Regionalligen und Informationen über die NHL. Dazu ausführliche Statistiken, Hintergrundberichte, Personalities ...