Was ist eigentlich los? – Der Einfluss der Hormone auf unser (Wohl-)Befinden
Dank der gestiegenen Lebenserwartung liegt für uns Frauen die Lebensmitte heute etwa zwischen 40 und 50 Jahren, also in der Zeit des Klimakteriums, der Wechseljahre. Beide Begriffe bezeichnen den gesamten hormonellen Umstellungsprozess vor und nach dem Zeitpunkt der letzten Menstruation. Dazu ein wenig Hormonkunde:
Hormone (griechisch: hormao = ich treibe an) sind Botenstoffe, die vom Körper gebraucht werden, um Informationen im gesamten Organismus weiterzuleiten. Hierfür werden sie in speziellen Drüsenzellen gebildet und dann direkt ins Blut ausgeschüttet. Wichtige hormonproduzierende Drüsen sind
der Hypothalamus (Teil des Zwischenhirns),
die Hypophyse (Hirnanhangsdrüse),
die Schilddrüse,
die Nebenniere,
die Bauchspeicheldrüse,
bei Frauen auch die Eierstöcke (hier werden vor allem die Östrogene und das Progesteron gebildet, in geringem Maße auch die Androgene).
Hormone steuern jedoch nicht nur die alltäglichen Prozesse, sie lenken in bestimmten Lebensabschnitten auch die Körperentwicklung. So leiten beispielsweise die Östrogene zu Beginn der Pubertät all die Abläufe ein, die bewirken, dass ein Mädchen zur Frau wird.
Von Östrogenen, Progesteron und Androgenen
Die Aufgaben der Östrogene
Der Begriff Östrogene umfasst eine Gruppe von mindestens dreißig Substanzen. Die bekanntesten sind Östradiol, Östron und Östriol. Östrogene werden im Wesentlichen in den Follikelzellen des Eierstocks produziert, jedoch auch in geringem Maße im Unterhaut-Fettgewebe und in den Nebennierenrinden. Viele wichtige Funktionen und Prozesse im Körper kommen nur unter direkter oder indirekter Mitwirkung der Östrogene zustande.
Östrogene
bewirken in der Pubertät, dass sich die weiblichen Fortpflanzungsorgane ausbilden und die sekundären weiblichen Geschlechtsmerkmale (v.a. Brüste, Schambehaarung) entwickeln;
steuern den Menstruationszyklus und dominieren vor allem in der ersten Hälfte des monatlichen Zyklus;
stabilisieren die Wärme- und Kreislaufregulation des Gehirns;
sind wichtig für den positiven Verlauf einer Schwangerschaft;
fördern die Durchblutung des Körpers sowie das Weiten der Blutgefäße;
schützen Herz und Kreislauf, indem sie das Einlagern von Cholesterin in den Arterien verhindern helfen und somit einer Verengung der Gefäße vorbeugen;
wirken als Radikalenfänger;
hemmen den Knochenabbau;
stärken das Immunsystem.
Die Aufgaben des Progesterons
Progesteron – aus der Gruppe der Gestagene – wird vom Gelbkörper gebildet, der nach dem Eisprung aus dem zurückgebliebenen Follikel entsteht. Es wird deswegen auch Gelbkörperhormon genannt. Als eine weitere Bezeichnung für das Progesteron hat sich »körpereigenes Gestagen« eingebürgert.
Progesteron
ist daran beteiligt, dass sich die Brustdrüsen entwickeln;
wird vor allem in der zweiten Hälfte des monatlichen Zyklus gebildet;
versorgt die Gebärmutterschleimhaut mit Nährstoffen für das Einbetten einer befruchteten Eizelle;
wirkt zusammen mit Östrogen schwangerschaftserhaltend;
unterdrückt während der Schwangerschaft das Heranreifen weiterer Eizellen;
mindert das Binden von Wasser im Körper;
wirkt entspannend und schlaffördernd;
regt den Stoffwechsel an und steigert dadurch den Appetit;
erhöht die Körpertemperatur.
Die Aufgaben der Androgene
Androgene – männliche Sexualhormone – sind auch ein natürlicher Bestandteil des weiblichen Körpers, ebenso wie auch weibliche Hormone ein natürlicher Bestandteil des männlichen Körpers sind. Sowohl im männlichen als auch im weiblichen Körper kommen – natürlich in sehr unterschiedlicher Konzentration – die Androgene Testosteron, Androstendion, Androsteron und Dehydroepiandrosteron (DHEA) vor. Frauen produzieren kleinere Mengen Androgene in den Eierstöcken und der Nebennierenrinde. Wenn die Eierstöcke ihre Funktion eingestellt haben, werden Androgene der Nebenniere im Fettgewebe auch in Östradiol und Östriol umgewandelt, um den Restöstrogenspiegel zu stabilisieren. Ganz allgemein nimmt der Einfluss der Androgene mit dem Versiegen der Östrogen- und Progesteronproduktion in den Wechseljahren zu.
Androgene
stimulieren die Stammzellen des Knochenmarks und fördern die Bildung roter Blutkörperchen;
fördern Proteinbiosynthese und das Wachstum von Knochen und Muskelmasse;
sind wichtig für die Libido, die Lust am Sex;
helfen mit, das Cholesterin im Blut zu senken;
verstärken die Körperbehaarung;
fördern Leistungsfähigkeit und auch Aggressivität.
Angesichts der Vielfalt an Aufgaben, die die Östrogene, das Progesteron und die Androgene im Körper wahrnehmen, wird deutlich, dass sich Veränderungen in ihrer Menge und Zusammensetzung im Körper bemerkbar machen können.
Nach einem Test, der Ihnen Anhaltspunkte gibt, ob Sie das Tor zu den Wechseljahren gerade durchschreiten bzw. woran Sie das merken, geht es in diesem Kapitel darum, mit häufig geäußerten Irrtümern über das Klimakterium aufzuräumen und sich einen Überblick über das tatsächliche Geschehen in diesem Lebensabschnitt zu verschaffen.
Haben die heißen Jahre etwa schon angefangen?
Nachfolgend finden Sie zwölf Fragen, die auf wechseljahrestypische Begleiterscheinungen und Indizien für das Älterwerden hinweisen können. Treffen Sie unter den drei Antwortmöglichkeiten Ihre persönliche Auswahl und markieren Sie dies mit einem Kreuzchen.
Auswertung:
Wenn Sie bei den Fragen 1 bis 3 Ihr Kreuzchen bei »Ja« gemacht haben, deutet dies darauf hin, dass die Wechseljahre für Sie schon begonnen haben. Die anderen von Ihnen wahrgenommenen Veränderungen (Fragen 4 bis 12) können durchaus auch andere Ursachen haben oder weitverbreitete Begleiterscheinungen des Älterwerdens sein.
Natürlich kann das Testergebnis nur ganz grob die Wahrscheinlichkeit widerspiegeln, die sich aus Ihren Antworten ergibt. Ebenso gilt, dass verschiedene der genannten Symptome nicht bei jeder Frau in gleichem Maße auftreten. Das heißt, auch ohne typische Anzeichen besteht ab einem gewissen Alter – auch wenn kaum Wechseljahresbeschwerden auftreten – die Möglichkeit, dass die Wechseljahre bereits begonnen haben. Von daher ist es am besten, sich bei Ihrer Frauenärztin/Ihrem Frauenarzt mittels eines Bluttests Klarheit zu verschaffen.
Fünf Irrtümer die Wechseljahre betreffend
1. Die Wechseljahre sind eine Hormonmangel- Krankheit, die man therapieren muss.
Die Wechseljahre sind keine Krankheit, die behandelt werden müsste, sondern ein völlig normaler physiologischer Prozess. Es ist nichts Krankhaftes daran, dass der weibliche Körper mit zunehmendem Alter weniger Östrogen produziert.
Verschiedene positive Effekte, die man in der Vergangenheit der Hormonersatztherapie zuschreiben wollte, lassen sich nicht durch entsprechende Studien verifizieren. Weder schützt die Gabe künstlicher Hormone vor Demenz, noch ist ein jüngeres Aussehen oder straffere Haut belegbar, noch sinkt die Häufigkeit von Harnwegsinfekten in und nach den Wechseljahren. Die Nebenwirkungen hingegen sind sehr kritisch zu sehen, allen voran ein gesteigertes Risiko, an Brust- oder Eierstockkrebs zu erkranken. Ob eine Hormonersatztherapie das Entstehen anderer Krebsarten begünstigt, wird kontrovers diskutiert, kann jedoch nicht ausgeschlossen werden. (Quelle: Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums)
2. Wechseljahre sind reine Frauensache.
Dem ist nicht so. Wechseljahre haben auch Männer, sie verlaufen nur etwas anders. Beim Mann sinkt der Testosteronspiegel ab dem 35. Lebensjahr um ca. ein Prozent jährlich. Somit hat ein 60-jähriger Mann bereits etwa 25 Prozent weniger Sexualhormone im Körper. Das Testosteron sinkt jedoch deutlich langsamer als der Hormonspiegel einer Frau, und es gibt dabei zudem eine große Spannbreite an individuellen Unterschieden. Während es bei Frauen zu einem relativ raschen Abfall der Eierstockfunktion kommt, bleibt bei manchen Männern die Testosteron- und Samenzellen-Produktion sogar bis ins hohe Alter erhalten.
3. Die Wechseljahre sind zwangsläufig mit vielen Beschwerden verbunden.
Dies ist nicht zwangsläufig so. Studien zeigen, dass bei etwa einem Drittel der Frauen keinerlei klimakterische Beschwerden auftreten und etwa 40 Prozent zwar Beeinträchtigungen spüren, diese aber eher als mild einstufen. Nur etwa 20 Prozent haben Probleme durch typische Begleiterscheinungen. Sie leiden z.B. unter Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen, Trockenheit der Schleimhäute oder Schlafstörungen. Hitzewallungen lassen sich unmittelbar auf das Auf und Ab bei der Hormonproduktion zurückführen, bei anderen Symptomen, die Betroffene oft ebenfalls den Wechseljahren zuschreiben, ist...