Am Anfang war der Zauberkasten
»Wie wird man eigentlich Zauberkünstler?« Neben der Bitte »Können Sie mir mal ein Bier zaubern?« ist dies eine der häufigsten Fragen, die mir gestellt wird. Doch tatsächlich: Los ging’s bei mir mit einem Zauberkasten. Dieser fand sich aber nicht, wie bei den meisten Kindern, irgendwann zufällig unter dem Weihnachtsbaum, nein, ich habe ihn mir ausdrücklich gewünscht oder besser gesagt, ich musste ihn unbedingt haben. Damals war ich gerade mal vier Jahre alt und hatte bei einem Zirkusbesuch zum ersten Mal einen Zauberer gesehen. Ich war zutiefst beeindruckt. Während die anderen Kinder den Clown anhimmelten, war für mich der Magier der eigentliche Star der Vorführung gewesen. Er zerteilte seine Assistentin – und setzte sie später wieder zusammen –, er ließ einen Pudel aus dem Nichts erscheinen und fügte große geschlossene Stahlringe mit leichter Hand zu einer Kette zusammen. Ich war total begeistert und fasziniert, wie dieser Mensch spielend die Naturgesetze außer Kraft setzte, die ich gerade zu begreifen gelernt hatte. Aus nächster Nähe sah ich, was ich schon immer können wollte: Zaubern!
Kurze Zeit später gab mir ein etwas älterer Nachbarsjunge eine Privatvorführung aus seinem Zauberkasten. Er hatte die Fenster in seinem Kinderzimmer verdunkelt, sich einen mystisch wirkenden Umhang umgelegt, und plötzlich begann er, Bälle hervorzuholen und wieder verschwinden zu lassen. Sein Zauberstab verbog sich auf Kommando, Schaumgummihasen vermehrten sich in meiner eigenen Hand, und schließlich ließ er einen Ball wie von Geisterhand in Bewegung gesetzt durch die Luft fliegen. Ich war unglaublich beeindruckt und einfach sprachlos. In diesem Moment machte es bei mir klick: Ich dachte, wenn dieser nur wenig ältere Junge mit Hilfe eines solchen Kastens zaubern kann, dann kann ich das auch. Zu Weihnachten bekam ich meine erste Grundausrüstung und begann sofort, fleißig zu üben. Jeder, der mir über den Weg lief, wurde zu meinem Publikum bestimmt, ob er das wollte oder nicht. Übrigens ein interessantes Phänomen im engeren Familienkreis von Hobbyzauberkünstlern. Die meisten der Verwandten entwickeln mit der Zeit eine regelrechte Zauberphobie, da sie ständig als Testpublikum für die neuesten Tricks und Kunststücke herhalten müssen.
Mit der Zeit wuchs meine Sammlung an Zauberkästen beträchtlich, und ich gab kleine Vorführungen in unserem Garten für die Nachbarskinder. Ich erinnere mich noch, dass sie trotz des für damalige Verhältnisse astronomischen Eintrittspreises von 50 Pfennigen begeistert von mir waren. Vor nichts und niemandem schreckte ich zurück, wenn es darum ging, neue Kunststücke auszuprobieren und wieder und wieder vorzuführen. Mein besonderes Highlight zu dieser Zeit war ein Kunststück mit einer Fingerguillotine. Ein Plexiglasrequisit mit einem Loch und einem scharfen Messer. Nachdem ich mit Hilfe einer Karotte die Schärfe des Messers unter Beweis gestellt hatte, musste ein Zuschauer seinen Zeigefinger durch die Öffnung stecken. Das Messer wurde mit voller Wucht nach unten geschlagen und durchdrang auf magische Weise den Finger.
Nachdem ich meine sämtlichen Familienmitglieder mit der Vorführung beglückt hatte, begann ich, die Nachbarschaft abzuklappern. Ich klingelte an jeder Tür und bat die verdutzt schauenden Leute, ihren Finger durch die Guillotine zu stecken. Sie können sich ihre Begeisterung vorstellen, als ein Vierjähriger sie darum bat, sich den Zeigefinger amputieren zu lassen. Dementsprechend kostete mich die Sache ziemlich viel Überzeugungsarbeit. Aber ich kann Ihnen versichern, dass alle Nachbarn bis heute noch ihre Finger besitzen.
Irgendwann stößt jeder Hobbymagier an die Grenze seines Zauberkastens. Zur damaligen Zeit war es für mich schwierig, an neue Kunststücke heranzukommen. Doch ein glücklicher Zufall, gepaart mit meiner störrischen Beharrlichkeit, sollte das ändern:
Mein jüngerer Bruder war auf einem Kindergeburtstag eingeladen, und die Eltern des Geburtstagskinds hatten als Attraktion einen Zauberer engagiert. Da sie von meiner Besessenheit in puncto Zauberei wussten, gestatteten sie mir, dem älteren Bruder, bei der Vorführung dabei zu sein. Nach der Show verließen alle Kinder den Raum und gingen begeistert zum Spielen über, nur einer blieb sitzen. Dreimal dürfen Sie raten, wer. Endlich hatte ich einen Zauberer da, wo ich ihn schon immer haben wollte: in einem Raum, ganz für mich allein, mit dem Abbau seiner Requisiten beschäftigt, so dass er mir nicht einfach davonlaufen konnte. Ich begann, ihn mit Fragen zu löchern, bis er mir irgendwann genervt seine Visitenkarte in die Hand drückte und meinte, ich solle ihn doch bitte anrufen. Und das tat ich auch. Täglich meldete ich mich bei dem armen Mann.
Mich interessierte vor allem die Quelle, wo genau er seine tollen Tricks herbekam. Irgendwann wurde es ihm zu viel, und er wollte meine Mutter sprechen. Er bat sie, mir die fortwährenden Anrufe zu untersagen, aber sie konnte ihm verständlich machen, dass mein Interesse wirklich groß sei und ich schon geraume Zeit versuche, ernsthaft über das Stadium des Zauberns mit einem simplen Zauberkasten hinauszukommen.
So bekam ich von ihm die Adresse eines Zauberladens mitsamt Versand. Der dicke gelbe Produktkatalog wurde zu meiner Lieblingslektüre. Jeder Pfennig meines Taschengelds wurde in die neuesten Tricks investiert, und so nahm die Entwicklung ihren Lauf. Vom Ausprobieren gekaufter Kunststücke ging es im nächsten Schritt zum Studium der einschlägigen Literatur. Es gibt ja eine unglaubliche Fülle von Zauberfachbüchern. Das älteste Werk in meiner Bibliothek heißt »The Discovery of Witchcraft« und stammt aus dem Jahr 1584. Leider besitze ich nicht das heute schier unbezahlbare Original, sondern nur einen Nachdruck. Ein großer Teil der Werke war in englischer Sprache erschienen, so dass ich in jungen Jahren nicht alles hundertprozentig verstehen konnte. Diese Lücken begann ich, mit Kreativität zu füllen, und je mehr Wissen ich mir angeeignet hatte, desto mehr fing ich an, verschiedene Ideen zu kombinieren und selbst abzuwandeln.
Am Ende dieses langen Prozesses stand die Erfindung eigener Kunststücke. Eine meiner bekanntesten Entwicklungen hat ihren Ursprung 1994 und heißt »Das Lächeln der Mona Lisa«. Hierbei findet ein Zuschauer aus Tausenden von unterschiedlichen Puzzleteilen das fehlende letzte – das Lächeln – und kann damit das Gemälde des genialen Leonardo da Vinci vollenden. Mona Lisas berühmtes Lächeln konnte wohl nicht nur mich faszinieren. Einige Jahre, nachdem ich das Kunststück im Rahmen eines Zauberkongresses in Las Vegas und im sagenumwobenen Magic Castle in Hollywood aufgeführt hatte, klingelte mein Handy, und am anderen Ende der Leitung war David Copperfield. Er bat mich, ihm die US-amerikanischen TV-Rechte an dem Kunststück zu verkaufen. Eine große Ehre für mich und eine tolle Chance in meiner Laufbahn, die ich selbstverständlich gern nutzte. Der Weg vom Zauberlehrling zum Zaubermeister war jedoch keinesfalls einfach zu gehen, vielmehr wurde es ein langwieriger und schwieriger Prozess. Es hat wohl seinen Grund, dass die meisten Kollegen, die von ihrer Profession leben können, bereits im Kindesalter mit der Zauberkunst angefangen haben.
Warum erzähle ich Ihnen das alles? Nun, schon in dieser Geschichte von meinen Anfängen sind einige meiner persönlichen Erfolgsgeheimnisse versteckt, die Sie im späteren Verlauf des Buches immer wieder finden werden. Sie erinnern sich? Ausgangspunkt war mein an sich unmöglich umzusetzendes Ziel, zaubern zu können. Was ist eigentlich Ihr unmöglich umzusetzender Wunsch? Gibt es etwas, dass Sie schon immer machen wollten, sich aber bis heute nicht zugetraut haben?
Stellen Sie sich einmal vor, Sie könnten alles machen, wozu Sie Lust hätten, nur einen Moment lang, ohne Rücksicht auf Geld, Beruf oder Ihre Mitmenschen nehmen zu müssen. Was würden Sie am liebsten tun wollen, was würden Sie alles ändern in Ihrem Leben? Viele werden jetzt sagen, wenn ich genug Geld zur Seite legen könnte, dann hörte ich auf zu arbeiten. Kann es das sein? Zahlreiche Studien haben gezeigt, arbeiten macht glücklicher als faul zu sein und nichts zu tun. Sollten Sie jetzt an große Anschaffungen denken, dann gebe ich zu bedenken, dass materielle Güter das Glücksempfinden, wenn überhaupt, nur kurzfristig steigern können, und schneller, als Sie denken, werden Sie den neuen Luxus als alltäglich oder normal wahrnehmen. Geld erleichtert vieles, und ein bisschen davon muss man haben, aber glücklich macht es allein nicht. Sollten Sie trotzdem Millionär werden wollen, dann werde ich Ihnen auch hierfür Möglichkeiten aufzeigen, denn Sie wissen ja: Alles geht, wenn Sie es nur wollen.
»You can get it, if you really want, but you must try, try and try …« Die Textzeile stammt aus einem meiner Lieblings-Gute-Laune-Songs von Jimmy Cliff und enthält sehr viel Wahres. Entscheidende Grundlage aller Vorhaben, Ihrer und meiner, ist es, sie auch zu wollen, und zwar richtig zu wollen, mit allen Kräften. Ich werde Ihnen später zeigen, wie man diese schärfen und verstärken kann.
Optimal eingesetzte Willenskraft bietet enormes Potential. Die Betonung liegt aber auf »optimal«. Denn wenn wir nur blind vor Willenskraft wie ein kraftstrotzender Stier mit aufgestellten Hörnern aufs Ziel zujagen, kann es sein, dass der Torero blitzschnell, locker und leicht das rote Tuch zur Seite zieht und wir ungebremst gegen die Wand knallen. Klar müssen wir unser Ziel fest im Blick haben und mit voller Willenskraft darauf zusteuern, aber gleichzeitig...