1 Charakteristika der Ausbildung am Patienten in der Inneren Medizin
1.1 Das Problem der verborgenen Ursache von Symptomen des Patienten
Durch genaue Kenntnisse der physiopathologischen Zusammenhänge lassen sich Symptome von Patienten mit Erkrankungen der Inneren Organe richtig interpretieren, richtig zuordnen und vor allem als nicht isoliert begreifen. Im Gegensatz zu vielen Patienten in der Traumatologie und in der Orthopädie finden Sie bei Ihrer Ausbildung am Patienten in der Inneren Medizin Symptome vor, deren Interpretation nur in Kombination mit der ärztlichen Diagnostik möglich ist. Es ist auch von elementarer Bedeutung, Bescheid zu wissen über Lage, Funktion und Zusammenspiel von Organen, über vegetative und hormonelle Steuerung sowie die nervös-reflektorische Projektionen und den Zonenspiegel (z. B. Haed’sche Zonen, Bindegewebszonen, Fußreflexzonen, Schmerzprojektionen).
Bei der Anamnese spielen die persönlichen Lebensumstände eine besondere Rolle im Hinblick auf das Krankheitsgeschehen. Nicht selten steht die Erkrankung im Zusammenhang mit der Persönlichkeit und der Lebensgeschichte des Patienten. Sogenannte psychosomatische Zusammenhänge werden häufig angetroffen.
Es ist unerlässlich, das biopsychosoziale Modell als Grundlage aller Faktoren, die krankmachend wirken können, in die Untersuchung und Therapie einzubeziehen.
Es muss bei der sorgfältigen Befunderhebung nicht nur auf das Symptom (die Symptome) geachtet werden, sondern es müssen auch sehr aufmerksam die Zusammenhänge wahrgenommen werden. In der Inneren Medizin haben wir es mit Patienten zu tun, deren Krankheitsbilder miteinander verflochten sind. So können z. B. bei einer Herzerkrankung die Symptome an der Lunge sichtbar werden. Die Auswirkungen von Stoffwechselerkrankungen zeigen sich nicht selten an den Gelenken, oder im Gefäßsystem.
Eine umfassende Therapie setzt immer den Überblick über sämtliche Symptome voraus, um ein ganzheitliches Therapiekonzept zu planen und zu verwirklichen.
1.2 Untersuchungsmethoden des Physiotherapeuten
Bei der Befunderhebung nutzen Physiotherapeuten ihre Sinne und verschiedene Messmethoden.
Mit den Sinnen nehmen sie körperliche Formen, körperliche Verhältnisse, den Allgemeinzustand und die Bewegungsformen des Patienten wahr, sie erhalten Informationen über sein Bindegewebe, seine Muskeln und seine Atmung. Sie nehmen auch Anzeichen seiner Angst oder seiner Schmerzen wahr. Weitere Befunde messen oder erfragen sie. Schließlich ist es ihre Aufgabe, die Befunde zu beurteilen.
Physiotherapeuten sehen:
Thoraxform: unauffällig, gewölbt, Fassthorax, Trichterbrust, Thorax piriformis, Kielbrust, Glockenthorax, thorakale Skoliose.
Wirbelsäule: z. B. Hyperlordose, BWS-Kyphose, Skoliose.
Bindegewebe: Befund nach Zonenschema ( ▶ Abb. 1.1). Bauch: unauffällig, adipös, Aszites, muskelschwach, muskelkräftig.
Atemform:
Atemweg: Mund-Nase, Kehlkopfmitbewegungen,
Atembewegungen: kostosternal nach ventral, kranial kostal nach dorsal, symmetrisch oder asymmetrisch kostoabdominal nach ventral, lateral, medial kostoabdominal nach lumbodorsal inspiratorischer Atemhilfsmuskeleinsatz exspiratorischer Bauchmuskeleinsatz inspiratorisches Einziehen: interkostal, jugular Nachschleppen der Rippen: rechts, links kostosternale Atembewegungen überwiegen kostoabdominale Atembewegungen überwiegen,
Atemrhythmus: unauffällig, verlängerte Ausatmung, keine endexspiratorische Pause, häufige Seufzer, Wechsel von flachen und tiefen Atemzügen.
Sputum: Farbe, Menge, Konsistenz.
Gewicht im Verhältnis zur Größe: normal, Untergewicht, Übergewicht.
Gesichtsausdruck: gespannt, entspannt.
Bewegungen: hastig, schnell, angemessen, verlangsamt.
Hautfarbe: Blässe, Zyanose: Lippen, Gesicht, Extremitäten.
Abb. 1.1 Bindegewebszonen nach Teirich-Leube.
Physiotherapeuten hören:
Atemnot: in Ruhe, als Anfall, bei leichter, normaler und schwerer Belastung, beim Sprechen, Lachen, bei Aufregung, Kälte, Nebel und Rauch.
Atemgeräusche: Rasseln, Brodeln, Stridor, Giemen, Schnarchen.
Husten: produktiv mit viel oder wenig Schleim, unproduktiv als Reizhusten, begleitet von Schwindel oder vorübergehendem Bewusstseinsverlust (Hustensynkopen).
Physiotherapeuten ertasten und spüren:
Physiotherapeuten messen:
Physiotherapeuten erfragen:
Anamnese,
bisherige medikamentöse Therapie,
Laborwerte,
Ergebnisse der ärztlichen Untersuchung
Alltagsbelastung,
Motivation,
bisherige Selbsthilfetechniken.
Schmerzen: atemabhängig, im thorakalen oder abdominalen Bereich, ausstrahlende Schmerzen an Thorax, Rücken, Abdomen, Extremitäten, Kopf.
Angst: Gefühl, bei Atemnot nicht genug Luft zu bekommen, Hyperventilation, Gefühl der Hilflosigkeit.
Physiotherapeuten beurteilen: