1 Diagnostik in der Urologie
1.1 Sonografie
Caroline Kauffmann
Die Sonografie gehört zur Primärdiagnostik aller urologischen Erkrankungen und sollte gemeinsam mit Urin- und Labordiagnostik regelhaft bei jeder neuen Patientenvorstellung erfolgen.
1.1.1 Sonografie der Niere
Indikationsstellung Mit der Sonografie können z.B. Tumore oder Zysten dargestellt, die Harnabflussverhältnisse und der Durchblutungsstatus beurteilt und Steine begutachtet werden.
Durchführung Zur sonografischen Untersuchung der Niere wird ein Sektorschallkopf mit 3,5–5MHz verwendet. Die Untersuchung wird in der Regel in Rückenlage und Inspirationsstellung durchgeführt, bei eingeschränkten Schallbedingungen (z.B. Adipositas) kann eine Schräglagerung um etwa 30° hilfreich sein. Jede Niere muss im Längs- und Querdurchschnitt beurteilt werden.
Normalbefund Der Untersuchungsbefund (? Abb. 1.1) umfasst normalerweise folgende Werte bzw. Beurteilungen:
Organgröße 11–15cm×4–7cm×3–5cm (L×B×T)
Parenchymdicke 13–18mm
Parenchym-Pyelon-Index Das Verhältnis zwischen Parenchymdicke dorsal, zentralem Reflexband und Parenchymdicke beträgt im Querschnitt 1:1:1, im Alter durch zunehmende Organatrophie eher 1:2:1.
Organform Bohnenförmig mit glatter, lateraler, konvexer Organgrenze.
Parenchymmuster Meist homogen hypoechogen, Markpyramiden oft etwas echoärmer als das übrige Nierenparenchym; das Nierenbeckenkelchsystem mit parapelvinem Fettgewebe ist echoreich.
Nierensonografie: Normalbefund.
Abb. 1.1
Doppler-Sonografie Zur Beurteilung der renalen Gefäßversorgung kann zusätzlich eine dopplersonografische Untersuchung erfolgen. Indikationen hierfür sind:
Gradeinteilung Sonografisch kann die Harntraktdilatation (? Abb. 1.2) in 4 Grade eingeteilt werden:
Ektasie Grad I
Ektasie Grad II
echofreie Erweiterung des Nierenbeckens, der Kelchhälse und Nierenkelche
abgeschwächter Sinusreflex
keine Zeichen der Parenchymatrophie (erhaltene Papillenspitzen und spitzer Fornixwinkel)
Ektasie Grad III
massive echofreie Erweiterung des Nierenbeckens und der Nierenkelche
fehlender oder marginaler Sinusreflex
Zeichen der Organatrophie (flache Papillen und stumpfer Fornixwinkel)
Ektasie Grad IV
Harnstau Grad I–IV.
Abb. 1.2
(Aus: Jocham D, Miller K. Praxis der Urologie, Band I. 3. Aufl. Thieme: Stuttgart; 2007)
1.1.2 Sonografie der Harnblase
Durchführung Ebenso wie bei der Sonografie der Niere wird ein Sektorschallkopf mit 3,5–5MHz verwendet. Die Erstuntersuchung sollte bei voller Harnblase erfolgen. Am Ende der Untersuchung wird nach Miktion die Restharnmenge bestimmt.
Normalbefund
Blasenwanddicke Hierfür sollte die Blase mit >50% der Harnblasenkapazität gefüllt sein. Bei Erwachsenen beträgt die normale maximale Wanddicke etwa 7mm; sie ist ein Parameter für die Beurteilung der Ausprägung der subvesikalen Obstruktion und die Entscheidung einer operativen vs. einer medikamentösen Therapie.
Prostata Bei gefüllter Blase lässt sich häufig auch die Prostata, insbesondere bei einem vergrößerten Organ, transabdominell darstellen (? Abb. 1.3) und nach der Formel berechnen.
Restharnbestimmung Das Volumen des Restharns lässt sich nach folgender Formel berechnen:
Im Normalfall sollte nach der Miktion kein Restharn vorhanden sein, bei Erwachsenen sind Restharnmengen >100ml pathologisch.
Sonografie der Harnblase.
Abb. 1.3 Gefüllte Blase mit ausgeprägtem Prostatamittellappen am Blasenboden.
1.1.3 Sonografie der Prostata/transrektaler Ultraschall der Prostata (TRUS)
Durchführung Die transrektale Ultraschalluntersuchung der Prostata erfolgt mit einem speziellen Schallkopf bei einer Frequenz von etwa 7,5MHz. Die meisten modernen Geräte bestehen aus 2 fest montierten Transduktoren, so dass simultan in 2 Ebenen (horizontal und sagittal) gemessen werden kann. Die Untersuchung erfolgt am besten in Seitenlage mit angezogenen Beinen oder in Steinschnittlage.
Normalbefund
Echomuster
zentrale und periphere Zone meist homogen von mittlerer Echogenität
Übergangszone oft durch echoarme Grenze abgrenzbar
Verkalkungen stellen sich echoreich dar
Organgröße Für die Berechnung des Prostatavolumens (? Abb. 1.4) erfolgt die Bestimmung der Prostatalänge in der Sagittalebene, der Breite und Höhe in der Transversalebene. Das Volumen berechnet sich nach folgender Formel:
Alternativ kann man auch näherungsweise das Volumen nur aus der Transversalebene nach folgender Formel bestimmen:
Berechnung des Prostatavolumens.
Abb. 1.4
1.1.4 Sonografie der Harnröhre
Indikationsstellung
Harnröhrenstrikturen bzw. -stenosen lassen sich gut darstellen und die Ausdehnung des Befundes kann gut vermessen werden.
Aufgrund der Beteiligung oder der fehlenden Beteiligung des Corpus spongiosum kann eine die Entscheidung für eine endourologische oder offen-rekonstruktive Korrektur einer Urethrastriktur getroffen werden.
Durchführung Die Harnröhre lässt sich am besten bei gefülltem Zustand mit einem Linearschallkopf von 7,5–10MHz beurteilen. Hierfür wird die Harnröhre zunächst mit NaCl entsprechend der Vorgehensweise beim ? retrograden Urethrogramm retrograd gefüllt und dann die gesamte Länge sowohl im Quer- als auch im Längsschnitt beurteilt.
1.2 Radiologie
Caroline Kauffmann
1.2.1 AUG – Ausscheidungsurografie
Synonym Intravenöse Pyelografie (IVP)
Indikationsstellung Heutzutage besteht nur noch in sehr selektionierten Fällen die Indikation zur AUG:
Makrohämaturie (wenn ein primärer Blasentumor bereits zystoskopisch ausgeschlossen wurde)
Urothelkarzinome (Aussage über Lage, Größe und operative Zugänglichkeit)
rezidivierende...